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Das Ehlenbogener Krippenspiel
von Schwarzwälder Bote (Text u, Abb. 1936/49), M. Weidenbach (Anmerk. u. Abb. 1972)
 

 


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Das Ehlenbogener Krippenspiel  

Flusskilometer:  88.0 [Lageplan]
Geschichte beginnt im Jahr: 1928 [Was damals in der Welt geschah]
Verfasser der Geschichte bzw. der Abbildungen: Schwarzwälder Bote (Text u, Abb. 1936/49), M. Weidenbach (Anmerk. u. Abb. 1972)
Für den virtuellen Flößerpfad bearbeitet durch: M. Weidenbach (floesserpfad@freenet.de)
 

Über das seit längerer Zeit leider nicht mehr aufgeführte Ehlenbogener Krippenspiel schrieb der Schwarzwälder Bote anlässlich der Aufführung an Weihnachten 1978 folgenden Artikel:

Das Ehlenbogener Krippenspiel: Ein Spiegel des Kinzigtals

Heuer nach sechsjähriger Pause wieder Aufführungen

ws. Freudenstadt-Ehlenbogen. Vor einem halben Jahrhundert schrieb im damals noch stillen, ruhigen Ehlenbogener Tal der "Schulmeister" Ernst August Zeuner für seine Schulkinder ein Krippenspiel, das zu einem ganz großen Wurf wurde, das in seiner Echtheit und Ursprünglichkeit der Darstellung, in seiner Innigkeit, in seinem Zauber so großartig ist, daß es bis heute noch nicht vergessen wurde, daß es seit seiner. Uraufführung im Jahr 1928 immer wieder aufgeführt wird: ”Das Ehlenbogener Krippenspiel”. Recht bescheiden liest sich im ,,Schwarzwälder Boten” aus dem Jahr 1933, was Ernst August Zeuner von seinem Stück selbst hielt und wie er es begründete: ”Das Spiel soll keine große Literatur sein. Ich fand für die Weihnachtsfeiern meiner Schule keine passenden Stücke; Ich schrieb selbst welche, und zwar, da die kleine Schülerzahl keine Auswahl erlaubte, jede Rolle dem jeweiligen Schüler auf den Kopf. Erfahrungsgemäß spricht und spielt ein Dorfkind besser, unbefangener und echter in der Sprache seines Alltags. Deshalb bevorzugte ich die Mundart.”

Ernst August Zeuner war kein Schwarzwälder, kein Schwabe. Er stammte aus dem Frankenland, aus der Würzburger Gegend, da wo Wein und sonniges Flußtal am Main die Menschen besonders aufgeschlossen und heiter macht. In dem abgelegenen stillen Waldtal an der Kinzig muß dem gebürtigen Franken die Innigkeit und Besinnlichkeit des Lichterfestes besonders ins Herz gegangen sein. Aus diesem Empfinden heraus schrieb er wohl das Stück, wobei er ein ausgezeichnetes Gehör für die Mundart der Kinzigtaler hatte: Er schrieb sie schließlich wie ein gebürtiger Schwarzwälder – ein Beweis dafür, wie schnell er sich mit seiner neuen Heimat identifizierte, wie er aufgenommen wurde im dörflichen Kreis, wie rasch er Ehlenbogener war.

Dieses Erleben der neuen Heimat klingt im Ehlenbogener Krippenspiel immer wieder an: Da wird das Erlebnis der dörflichen Gemeinschaft, der Nachbarschaftshilfe des Zusammenstehens deutlich. Da ist aber auch immer der scharfe beobachtende Blick des Neubürgers spürbar, wie er die kleinen Schwächen seines Mitmenschen hineinnahm in das Spiel, wie er sie mit Liebe für das Detail, mit einem großartigen Empfinden für das Echte in seinen Versen so darstellte wie sie auch waren. Die Ehlenbogener haben den Wert dieses Spiels sofort erkannt, identifizierten sich damit, erkannten sich selbst und ihre Heimat wieder.

Die Ursprünglichkeit des Stückes die Frische der Sprache, die einfache schlichte Spielanlage forderten dazu heraus, in den stillen Tagen der. Adventszeit, wenn das Tal im winterlichen Weiß versinkt, immer wieder darauf zurückzukommen. Die Freude der Ehlenbogener an diesem Spiel war so nachhaltig, daß es damals der "Schwarzwälder Bote” abdruckte und damit für eine Verbreitung in vielen Schwarzwalddörfern sorgte.

Von Spiel zu Spiel wuchs der Umfang; Ernst August Zeuner schrieb unbekümmert zu seiner Urfassung immer wieder neue Rollen, neue Verse dazu, nahm neue Personen auf konterfeite stets die jüngste Ehlenbogener Generation ab. Der “Schwarzwälder Bote” druckte 1949 eine weitere Fassung und leitete damit eine weitere Verbreitung ein: Seither ist das Ehlenbogener Krippenspiel in wohl 500 Orten gespielt worden vom Schwarzwald, über den Bodensee zum Oberrhein, im Allgäu and im Neckarbecken und’ selbst im Hohenloher Land griff man zur Weihnachtszeit auf dieses Spiel zurück.

Ungeachtet dieser weiten Verbreitung ist das Spiel aber immer noch in Ehlenbogen daheim und die Ehh1enbogener können es immer noch in besonderer Weise als ihr Stück betrachten. Dies hat sicherlich auch seinen Grund darin, daß Ernst August Zeuner 40 Jahre Lehrer in Ehlenbogen war, ein Ehlenbogener blieb und seinem Kinzigtal stets die Treue hielt. Es liegt aber auch in der Tradition und in der Kontinuität der Ehlenbogener seIbst: So ist die Maria des Jahres 1949 eine Tochter Zeuners, im Spiel 1972 wirkt eine Enkelin Zeuners mit. Der Josef des Jahres 1949 ist Werner Schwenk, der nachmalige Bürgermeister und Ortsvorsteher Eblenhogens, der jetzt wieder einen wesentlichen Anstoß – zusammen mit vie1en interessierten Bürgern aus dem Tal – zum Spiel gab.

Seine Frau, Else Schwenk, hatte bereits 1972 die Kostüme für das Krippenspiel entworfen and gestaltet und setzte dabei g1eichsam einen neuen Maßstab: Mit sehr viel Gespür für Farbkomposition, für Tradition und Herkommen, für Ursprünglichkeit und ”das, was ins Tal gehört, ging sie dabei zu Werk. So konnte man jetzt nach sechs Jahren auf diesen Fundus wieder zurück greifen and die 40 Schüler stecken damit auch ”bis zum Kragen” in der Tradition des Stückes.

Die Bürger aus Ehlenbogen haben noch immer ihre herzliche Freude an ihrem Krippenspiel. Wenn sie ihre Kinder, ihre Enkel in “ihrer” Rolle vor der Krippe sehen, dann denken sie zurück an die eigene Kinderzeit, an wunderschöne Weihnachtstage. Der Bogen wird so über ein halbes Jahrhundert geschlagen Fortbestand und Dauer werden deutlich – ausgesprochene Raritäten in einer Zeit des Wandels und des Umbruchs.

Anmerkung zu den Abbildungen: Die Abbildungen zeigen die Spiele der Jahre 1972 (oberstes Photo), 1949 (mittleres Photo mit Werner Schwenk als Josef) und 1936 (unterstes Photo, gleichzeitig das letzte vor dem Krieg, weil dann das Spiel verboten wurde).