Startseite |  Das Projekt |  Impressum |  Partner
Menschen am Fluss Logo
Geschichten: lesen / schreiben / editieren / über Karte | Bedienungsanleitung

 

Weitere Geschichten suchen mit Hilfe der Karte oder der Suchmaske.
Eine Geschichte, ohne genauen Ortsbezug schreiben.
Ihre eigenen Geschichten editieren oder löschen.
 
Die Farbmuehle
von Horst Bengel, Adolf Luick, Hans Saile und Werner Joppek vom Schwarzwaldverein Loßburg-Rodt
 

 


Geschichte drucken

Die Farbmuehle  

Flusskilometer:  82.0 [Lageplan]
Geschichte beginnt im Jahr: 1601 [Was damals in der Welt geschah]
Verfasser der Geschichte bzw. der Abbildungen: Horst Bengel, Adolf Luick, Hans Saile und Werner Joppek vom Schwarzwaldverein Loßburg-Rodt
Für den virtuellen Flößerpfad bearbeitet durch: Markus Weidenbach, floesserpfad@freenet.de
 
Die auf dem Gewann "Farbmühle" niedergelassenen Gewerbebetriebe stehen auf historischem Gelände, einst stand hier auf dem ganzen Komplex die Alpirsbacher Farbmühle.

Das erste Bild zeigt die Farbmühle im Jahr 1886. Vorn die Kinzig mit dem Aischbachkanal – hinter der Sägmühle der Romishorner Steig: Hauptweg nach Romishorn und Loßburg.

Es lohnt in der Geschichte des Bergwerks und der Farbmühle zu lesen, die Georg Albrecht im Alpirsbacher Heimatbuch zusammenfasste (verkürzt wiedergegeben): „Nach dem Herzog Christoph, das Klostergebiet von Alpirsbach unter württembergische Landeshoheit brachte, wandte er sich dem Bergbau im Kinzigtal zu. Aus dieser Zeit stammt die älteste Nachricht über Funde in Alpirsbach, die in alten Akten von 1601 auf Grund älterer Urkunden aus dem 16. Jahrhundert sich findet. Man muss sie im Wortlaut hören, um die geologische Wissenschaft in ihren Anfängen zu sehen. Es heißt dort: „Im Gebirg bei Alpirsbach, gegen Ausgang der Sonnen, ist unter einem Felsen ein Ursprünglein Wassers, welches einen schönen goldenen Strich aufzeigt. Dies fließet aus dem anderen (-zweiten) Grad der Erden und fließt in die Kinzig unterhalb dem Flecken Alpirsbach. Diese Kinzig aber, welche Kobold (-Kobald) und Kieß (Kieselstein, Quarz) mit ihr führet, entspringt aus dem dritten Grad der Erden.“

Die von Herzog Christoph begonnenen und auch von seinen Nachfolgern fortgesetzten Abbauversuche im Gebiet der Kinzig verfielen im 30-jährigen Krieg. Ein neuer Aufschwung ging von dem Tal aus, das die reichsten Funde an Silber und Kobalt brachte, dem zu Fürstenberg gehörigen Wittichen. Die großen Erfolge des dortigen Silber- und Kobaltwerks belebten auch die Hoffnungen im großen und kleinen Kinzigtal. Man suchte und fand Silber. Dieses war stets mit Kobalt verbunden, und gerade er wurde bald besonders wertvoll.

Kobalt heißt eigentlich „Kobold“ und ist, wie „Nickel“, ursprünglich ein Neckname für wertloses Gestein. Es wird erzählt, im Anfang des 16. Jahrhunderts habe ein Glasmacher in der Eulenhütte in einen Glasfluss Kobalt geworfen, um ihn zu verderben, und diese Heimtücke habe durch Zufall das wunderbare kobaltblaue Glas, die Smalte, entdecken lassen. Nun war der Kobalt nicht mehr wertlos. Zum Schmelzprozess brauchte man als unentbehrlichen Zusatz Kieselstein, also Quarz, den man schon bald für das schon bestehende Witticher Farbwerk in Reinerzau in bester Qualität gewann in Gängen, die von Quarz und Flussspat erfüllt waren und in denen man bald auch auf Kobalt stieß. Mittlerweile war man 1707 auch in Alpirsbach fündig geworden und zwar in der Grube Wolfgang im Glaswald und etwas weiter oben im Tal der Grube Eberhard. Schon 1710 wurde die Farbmühle erbaut, und seither waren diese beiden Gruben in stetem Betrieb. Alpirsbach wurde nun der Sitz eines Bergamts mit einem Bergmeister, einem Bergschreiber und anderen Beamten. Das ergiebigste Fundgebiet blieb die Reinerzau, während in Alpirsbach die Zahl der Gruben beschränkt blieb.

Das Bild am Ende des Textes Bild zeigt ein Bergwerk bei Alpirsbach mit Aufzug, Einstieg, oberschlächtigem Wasserrad und Gewölben. Lavierte Tuschezeichnung mit Bezeichnung „del. Stahl Alpirsbach 1756“. Original 42 x 33 cm in der Württ. Landesbibliothek Stuttgart. Foto: Hauptstaatsarchiv Stuttgart.

Der Bergbau brachte Alpirsbach vor allem auch durch die Farbmühle einen großen wirtschaftlichen Auftrieb. Es war klar, dass man, um Erfolg zu haben, Leute mit Fachkenntnissen und großer Erfahrung brauchte. Solche kamen nun von allen deutschen Bergbaugebieten vom Saarland bis hinüber nach Sachsen, die meisten doch aus diesem letzteren Land, wo im Erzgebirge sich ganz ähnliche geologische Verhältnisse finden.
Man bekam von dort einen Bergmeister mit vorzüglichen geologischen und chemischen Kenntnissen. Er heiratete die Tochter des hiesigen Pfarrers Krämer und wurde so hier heimisch, wie es auch viele Bergleute machten, wenn sie jung hierher kamen. Der Bevölkerungszuwachs von Alpirsbach in dieser Zeit ist erstaunlich. Nach dem 30-jährigen Krieg waren bis 1700 durchschnittlich in 10 Jahren etwa 340 Kinder im Kirchspiel geboren worden. Bis zum Jahrzehnt 1731-1740 stieg die Geburtenzahl bis auf 580, und diese Zunahme betraf im wesentlichen den Hauptort Alpirsbach selbst. Davon waren etwa 15 Prozent Kinder von Bergleuten. Das ergibt auch ohne Bergleute einen großen Zuwachs der Gemeinde, der sich nun auch in einer auffallend gesteigerten Bautätigkeit äußerte. Die fremden Bergleute waren sehr angesehene Neubürger und offenbar auch gut bezahlt. So kam es, dass nun die Einheimischen vielfach aus ihren arg übersetzten Berufen zum Bergbau hinüberwechselten. Auch als Bergschmiede und in den Farbwerken Wittichen und Alpirsbach fanden sie als Laboranten oder Anmenger leicht Beschäftigung.

Ein Zeit lang unterhielt das Bergamt bei der Farbmühle einen eigenen Schulmeister, der sehr gerühmt wurde, so dass viele Alpirsbacher ihre Kinder dorthin in die Schule zu schicken begehrten. Bei den beiden Farbmühlen in Wittichen und Alpirsbach gab es auch stets fröhlichen gesellschaftlichen Betrieb und Tanzvergnügungen, die von der Jugend gerne besucht wurden trotz der strengen Kirchenzucht, die dem mit wenig Erfolg zu steuern versuchte. Bis um 1750 stand der Bergbau in Wittichen in höchster Blüte. Aus dem Himmelfahrtsschacht sollen dort bis zu dieser Zeit 140000 Gulden gewonnen worden sein. In Reinerzau war es die 1727 erschürfte Dreikönigstern-Grube beim Untergansbauer, deren Hauptgang in 8 Jahren 18000 Gulden für die fürstliche Münze erbrachte.

Neben den 5 Zentnern Silber, die die Förderung dieser Grube in 30 Jahren brachte, waren mindestens ebenso wichtig die 1000 Zentner Kobalt, die sie in dieser Zeit nach Alpirsbach ans Farbwerk lieferte. Auch die Alpirsbacher Gruben gaben in dieser Zeit gute Ausbeute. Der Karlstollen, der 1707 in der Grube Eberhard auf- gemacht wurde, ergab in den ersten 15 Lachtern 40 Ztr. Kobalt. (Lachter ein Bergwerksmaß zu etwa 2 m).

1729-32 lieferten Wolfgang und Eberhard rund 40 Ztr. und das Farbwerk erzeugte in dieser besten Zeit jährlich für 17000 Gulden Smalte. Das ergab einen Reingewinn von jährlich 10000 Gulden. 100000 Gulden fremdes Geld soll die Farbmühle in wenigen Jahren ins Land gebracht haben.

Seit 1750 schon begann die Ergiebigkeit der hiesigen Gruben stark nachzulassen, so dass man schon 1756 begann, das Schmelzwerk auf künftig zu verarbeitenden auswärtigen Kobalt umzustellen. Dieser wurde dann hauptsächlich aus Arragonien in Nordspanien bezogen. Die Versuche, die verlassenen Gruben immer wieder neu zu eröffnen, gingen noch lange mit geringem Erfolg weiter. Noch 1825 wurde mit der Grube Gottes Segen auf dem Sulzberg und mit dem St.-Johann-Stollen im Grünweible ein vergeblicher Versuch gemacht. 1831 erging das Edikt zur endgültigen Einstellung der Versuche und 1844 wurde die Farbmühle geschlossen, ein schwerer Schlag für Alpirsbach in der damaligen Notzeit. 1856 wurde sie an Jakob Greiner, Holzmanufaktur, verkauft, von dem sie 1861 an Johann Georg Adrion von Ehlenbogen kam. Seither ist es eine Sägmühle.“

Aus Sicht der Ehlenborger schreibt Gerhard Krienke: „Zunächst müssen wir einen Produktionsvorgang, der nur für unsere Nachbarschaft wichtig war, aussondern; er hatte nur indirekt Bedeutung für unseren Talabschnitt: der Bergbau auf Silber und Kobalt und die Verarbeitung von Kobalt in der Alpirsbacher Farbmühle, einem Blaufarbwerk. Das Werk, in dem zeitweilig etwa 100 Arbeiter beschäftigt wurden, lag dicht an unserer Markungsgrenze. Ehlenbogener Bauern lieferten Brennholz dorthin und verdienten somit an diesem Betrieb. Die sonstigen Beziehungen lagen außerhalb des Wirtschaftlichen; sie führten mehr zur Auflockerung strenger Verhaltensmodelle. Die dort beschäftigten Beamten und Facharbeiter, zum Teil Erzgebirgler Sachsen, scheinen außerbetrieblichen Veranstaltungen nicht abgeneigt gewesen zu sein, "die von der Jugend gerne besucht wurden trotz der strengen Kirchenzucht, die dem mit wenig Erfolg zu steuern versuchte". Dass der Klang des Glöckchens auf dem Hauptgebäude der Farbmühle jeden Leichenzug begleitete, der sich von Unterehlenbogen talabwärts zum Alpirsbacher Friedhof bewegte, dürfte den Autoritätspersonen weniger Anlass zur Kritik geboten haben.“

Karl Zizelmann fügt an: „Unter der breiten Haube des Schindeldachs der Farbmühle pochten die Stempfel des Sand- und Glaspochwerks, wuchtete die Kobaltpoche, lärmten die Mahlgänge der Farb- und Beutelmühle. Daneben erhob sich als fast schmucker Fachwerkbau die Schmelzhütte mit einem langen Schlauch weit an die Romishorner Steig hin, wo das Gifthäuschen stand. Dazu kamen die Wirtschafts- und Wohngebäude, die Hüttenschreiberei, die Pottaschehütten und das Waaghäuschen.“

Das notwendige Wasser der Farbmühle kam vom Aischbach, mittels Kanal, der oberhalb abzweigte. Wasser des Aischbach und Kanal staute sich noch bis zwischen 1. und 2. Weltkrieg, sehr zur Freude der Alpirsbacher Kinder, die in dem gestauten Wasser baden konnten, denn hier bei der Einmündung des Aischbachs unter der Talenge gegen Ehlenbogen lag das "Wolfswuhr" mit dem Wolfsweiher (= "Farbmühleweiher").

Bis hierher wurde auch das Scheiterholz aus dem Ehlenbogertal geflözt, teils als Brennholz, meist aber zum Kohlenbrennen. Denn nahebei, auf der Kohlplatte zwischen Aischbächle und Kinzig, rauchten zahlreiche Kohlenmeiler, breiteten sich Stapel von Scheiterholz aus, und da war wohl auch Langholz aufgepoldert, das von den Romishorner Waldungen herabgeriest wurde.