WEIDENBACH, MARKUS:

"Morphologische Zustandsbeschreibung von Fließgewässern unter besonderer Berücksichtigung der Uferstabilität am Beispiel des Bagmati in Nepal." 1989. 113 S.

Kurzfassung:

Antworten auf diese Fragen sind die Grundlage für ein Verfahren zur morphologische Fließgewässerbeschreibung und Bewertung der Uferstabilität. Am heiligen Fluß Bagmati wurde das Aufnahme- und Bewertungsverfahren entwickelt und beispielhaft für alle Flüsse im Kathmandu-Tal erprobt.

Problemstellung:

Für die sinnvolle Planung von Maßnahmen zur Eindämmung von Uferschäden müssen problemrelevante, nachvollziehbare gewässerkundliche Daten erhoben werden. Dies geschah bislang im Kathmandu-Tal nicht.
Schwerpunktmäßig wird vom Autor die Erosion im Uferbereich untersucht, die zu immensen Mutterbodenverlusten führt und die Infrastruktur im städtischen Bereich gefährdet. Unumgänglich ist daher zunächst eine Analyse der erosionsbestimmenden Faktoren und ihre Auswirkungen auf die Uferstabilität. Darauf aufbauend ist das primäre Ziel der Arbeit die Entwicklung eines angepaßten Aufnahme- und Bewertungsverfahrens, womit sich alle Fließgewässer im Kathmandu-Tal erfassen und vergleichen lassen. In enger Zusammenarbeit mit der für die flußbauliche Planung zuständigen Behörde ( River-Training-Project in Kathmandu ) konnte dieses Ziel erreicht werden.

Das Untersuchungsgebiet

Das hinduistische Königreich Nepal liegt auf der geographischen Breite Ägyptens. Es dehnt sich über den Zentralen Himalaya im Norden und über die Ganges Ebene im Süden bis zur indischen Grenze aus. Durch den gewaltigen Höhenunterschied von 70 m ü.NN. im südlichen Flachland bis zu dem 8848 m hohen Mount Everest im Nordosten gliedert sich Nepal in sechs gebräuchliche Landschaftseinheiten, die auf der beigefügten physiographischen Karte farbig hervorgehoben sind.

Dementsprechend umfaßt Nepal als eines der wenigen Länder der Erde alle vier Klimazonen: Die tropische ,die subtropische, die gemäßigte und die kalte Zone. Das Erscheinungsbild der Flüsse hat sich der unterschiedlichen Topographie angepaßt. Die Wasserführung wird maßgeblich vom Klima des Einzugsgebietes bestimmt.

Das intramontane Becken von Kathmandu ist das naturräumlich scharf abgegrenzte eigentliche Untersuchungsgebiet. Zwischen dem Mahabharat-Gebirge und dem Himalaya dehnt es sich 30 km in ost-westlicher und ca. 20 km in nord-südlicher Richtung aus. Der flache Beckenboden entstand vor rund 29 000 Jahren durch die Verlandung eines pleistozänen Sees. Die durchschnittliche Höhe des Tales liegt bei 1350 m ü.NN.
Dank der Hauptstadt Kathmandu und den Städten Patan und Bhaktapur gilt das Tal als wirtschaftliches Zentrum von Nepal. Bereits 1982 erreichte es eine Bevölkerungsdichte von über 1000 Einwohner je qkm!
Ein Luftbild vom Zentrum des Tales und die zeichnerische Darstellung des Landschaftsprofils veranschaulichen das Untersuchungsgebiet. Die Landnutzungskarte erklärt u.a. die Bedeutung der Flüsse für die künstliche Bewässerung der intensiv bewirtschafteten Reisfelder, die ca. 18 000 ha des fruchtbaren alluvialen Talbodens bedecken.
Für die näheren Untersuchungen der Morphogenese der Flüsse und für die Erprobung des Aufnahme- und Bewertungsverfahrens wurde der heilige Fluß Bagmati als charakteristisches Fließgewässer des Tales ausgewählt. Der Bagmati bildet mit seinen Nebenflüssen ein zentripetales Entwässerungssystem im Becken von Kathmandu. Anhand eines farbigen Computerbildes wird das Einzugsgebiet und die wechselnde Morphologie des Bagmati zusammenfassend beschrieben.

Ergebnisse der morphologischen Untersuchung

Die landschaftsdynamischen Prozesse im Kathmandu-Tal wurden zunächst auf ihre verändernde Kräfte hin untersucht. Die Gewässermorphologie im Kathmandu-Tal wird von naturräumlichen Gegebenheiten (Geologie, Klima) und anthropogenen Einflußfaktoren bestimmt.
Das Untersuchungsgebiet ist tektonisch aktiv und weist gebietsspezifische Besonderheiten im geologischen Aufbau auf, die sowohl für die Morphogenese, als auch für das Fließverhalten und das Gefälle der Flüsse maßgeblich sind.
Das Klima wirkt sich auf das Abflußverhalten der Fließgewässer im Kathmandu-Tal durch heftige Regenfällen während des Sommermonsuns (Juni-September) aus. Charakteristisch ist das rasche Eintreffen von Hochwasserwellen in dieser Zeit. Im Winter werden aufgrund fehlender Niederschläge die Flüsse vom Grundwasser gespeist.
Anthropogene Einflußfaktoren unterscheidet der Autor nach direkten Eingriffen in die Gewässergeometrie (Flußsandentnahme, Tempel- und Bewässerungsanlagen, Straßen- und Brückenbau) und indirekten Beeinflussungen durch den Menschen, die mit zeitlicher Verzögerung auf die Gewässermorphologie wirken (Entwaldung der Einzugsgebiete, Nutzung der Ufergehölze als Viehfutter und Brennholz, Vergiftung der Flüsse durch Abwässer). Die genannten Einflußfaktoren verstärken die Erosion an Ufer und Sohle. Die Unterspülung der Ufer führt zum Mäandrieren der Fließgewässer und zerstört fruchtbare Ackerflächen. Andere Erosionsformen entstehen durch flächenhaften Oberbodenabtrag im Uferbereich, durch in den Fluß zurückfließendes Oberflächenwasser (Gully-Erosion), sowie durch dei Beweidung der Uferböschungen (Viehgangeln).

Entwicklung des Aufnahme- und Bewertungsverfahrens

Das Aufnahmeverfahren zu Beschreibung von Fließgewässern lehnt sich methodisch an Verfahren aus dem deutschsprachigen Raum an. Im Wesentlichen beruht die Aufnahme auf zwei Prinzipien: Durch einen eigens entworfenen Formblattsatz werden die Prinzipien verwirklicht und das Verfahren standardisiert.
Die Bewerung der Uferstabilität beruht auf der quantitativen Schätzung des Gehölzvorkommens und der Erosion im Uferbereich. Unter Berücksichtigung des Flußverlaufes, der Geologie und des Uferzustandes leitet der Autor die potentielle Erosionsgefährdung der Uferböschungen ab. Durch das Verfahren können Gefährdungsklassen und Uferzustandsklassen gebildet werden, die den Vergleich unterschiedlicher Abschnitte vereinfachen.
Neben der verbalen Beschreibung beinhaltet das Verfahren die kartographische Erfassung problemrelevanter Strukturelemente, sowie die tabellarische und graphische Darstellung der erwähnten Zustands- und Gefährdungsklassen, die zur Beschreibung des Bagmati im Kathmandu-Tal abschnittsweise ermittelt wurden. Am Beispiel eines Flußabschnittes erläutert der Verfasser das Vorgehen bei der Aufnahme und der anschließenden Bewertung.

Schlußfolgerung

Das Verfahren ist für die Gewässersituation im Kathmandu-Tal konzipiert, die Zustandsbeschreibung bezieht sich auf die geschilderte Problematik. Prinzipiell kann das Verfahren durch die Anpassung der Schlüsselbegriffe und Bewertungskriterien an den entsprechenden Untersuchungsschwerpunkt auch an anderen Flüssen und Bächen angewandt werden.

Literatur:

WEIDENBACH, M.1990 :
Inventur des Bagmati von Sundarijal bis Cobhar:
Unveröffentlichter Bericht für River Training Project, Kathmandu. 1990. 130 S. + 60 Farbphotos.