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Begleitbroschüre zum Informationspfad (derzeit leider noch ohne Abbildungen)

Um den genauen Standort der folgenden thematischen Wegpunkte auf der Karte darzustellen, klicken Sie bitte hier.

    1. Sommer- und Winterlinden [Lesen]
    9. Naturverjüngung im Bu-Altbestand [Lesen]
    10. Mausbachwiese als Naturdenkmal [Lesen]
    13. Schwemmfächer bei Heidelberg [Lesen]
    17. Fließgewässer als Lebensraum [Lesen]
    21a. Sturmschäden und -folgen [Lesen]


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DIE LINDE - KEIN ANDERER BAUM HAT DEM MENSCHEN JE NÄHER GESTANDEN

Vor sich sehen Sie eine Winterlinde, rechts daneben stehen zwei Sommerlinden. Auf dem Foto, das Mitte Juni aufgenommen wurde, sind schon die Blüten an der Sommerlinde zu erkennen, während die Winterlinde erst 10-14 Tage später blüht. Der Name Linde kommt von dem nordgermanischen "linda" = Binde, was auf die frühere Verwendung des Lindenbastes zu Bindearbei ten hindeutet.

In der Eichenmischwald-Zeit (etwa 5500 bis 2500 v. Chr.) herrschten Laub mischwälder aus Eiche, Linde, Ulme und Esche vor. Bedingt durch den Wechsel zu einem kühleren und feuchteren Klima verdrängte die Buche nach und nach diese Baumarten. Die Linde ist örtlich sogar vollständig aus dem Wald verschwunden.
Die bei uns heimischen Arten sind die Winterlinde (Tilia cordata) und die Sommerlinde (Tilia platyphyllos). Das durchschnittliche Alter beider Linde narten wird mit etwa 1000 Jahren angegeben. Daß die Linde auch im ho hen Alter noch so üppig grünen und blühen kann , verdankt sie der Un verwüstlichkeit ihres Stammes (schlafende Augen), darum wird sie auch oft zum Aufbau stufiger Schutzwaldbestockung (Bodenbefestigung) und auf Steinschutthalden verwendet.
Während die Linde in der Forstwirtschaft ansonsten keine tiefgreifende Be deutung besitzt - wertvoll ist das Holz nur für Drechsler, Orgelbauer, Bild hauer und Holzschnitzer, hat keine andere Baumart dem Menschen je näher gestanden als sie. Allein 850 Städte und Ortschaften in Deutschland ver danken ihr ihren Namen.
Für die Römer und Griechen diente der Lindenbast zum Kranzbinden und die Blätter als Arzneimittel, so wie wir auch heute noch Lindenblütentee bei Erkältungen und Grippe verwenden.
Für die Germanen war die Linde heilig und besaß Weissagungs- und Heil kraft. Da sie im Volksglauben der germanischen und slawischen Völker unter allen Bäumen einen Ehrenplatz einnahm, besaß jedes Dorf als Mittel punkt eine Linde. Hier war Treffpunkt für Jung und Alt, Ort für Versamm lungen, Trauungen, Geburten und Feste jeder Art. Ferner dienten sie als Gerichtsbäume, unter denen das Recht gesprochen wurde. So ist es nicht verwunderlich, daß man heute noch in Deutschland so viele Linden als Einzelbäume, sog. Solitäre, an Brunnen, Burgen und Dorfpätzen findet. Selbst dann, wenn ein Krieg zu Ende war, pflanzte man einzelne Linden als sog. "Sieges- oder Friedensbäume".
Die Linde war der Baum der deutschen Romantik und zahlreiche Dichter brachten sie in Verbindung mit der Liebe, was wohl nicht zuletzt von ihren herzförmigen Blättern abhängt.
Selbst in Sagen wird der Baum erwähnt, so z.B. im Nibelungenlied, als Siegfried im Drachenblut badete, um unverwundbar zu werden, und ein Lindenblatt auf seinen Rücken fiel. Die einzige Stelle, an der er verletzlich war, und durch die er unter einem Lindenbaum durch einen Speerstich von Hagen ermordet wurde.
Doch nicht nur Siegfried kam durch sie zu Tode, die Baumart Linde wird heute in einem Atemzug mit dem "Hummelsterben" genannt. Als Stadt-, Al lee- und Parkbäume wurden die robust und widerstandsfähigen Silber- und Krimlinden gepflanzt; ihr Nektar enthält Magnose, ein Stoff, der von den Hummeln und Bienen aufgrund fehlender Enzyme nicht umgewandelt wer den kann, deren Duft sie aber unwiderstehlich anlockt, betäubt und schließlich sterben läßt.
Kein anderer Baum steht so im Zusammenhang mit Leben und Tod, Glück und Unglück. .

WIE DER WALD OHNE DEN MENSCHEN EINMAL WAR UND WIE ER SICH OHNE IHN WEITERENTWICKELN WÜRDE

Die Regionalgesellschaft "atlantisch-submontaner bis -montaner Buchen- Traubeneichen-Wald" bezieht sich auf den natürlichen Wald von einst, d.h. auf die urprüngliche Waldbestockung ohne nennenswerte Veränderun gen durch den Menschen bei ähnlichen Klimaverhältnissen wie heute. Das natürliche Baumartenverhältnis ist aber seit Jahrhunderten auf großer Fläche durch menschliche Rodung- und Siedlungstätigkeit gestört und ge ändert worden. Man kann deshalb eine natürliche Regionalgesellschaft nicht mehr überall durch unmittelbare Beobachtung erkennen und abgrenzen, sondern muß sie i.d.R. durch ein Zusammenwirken von pollenananlytischen, historischen und pflanzensoziologischen Untersuchungen ermitteln. Würde man den menschlichen Einfluß auf den Wald heute plötzlich stoppen und überließe den Wald sich selbst, dann würde er sich dort, wo das ™ko system weniger gestört wurde, wieder zu dem natürlichen Wald von einst entwickeln. Um diesen Vorgang näher zu beschreiben, hat man den Begriff der "potentiellen-natürlichen Vegetation" geprägt. Das ist die Vegetation, die sich schlagartig einstellen würde, wenn der menschliche Einfluß auf hörte.
Auch die potentielle natürliche Vegetation steht im Gleichgewicht mit ih rem Standort, wozu nicht nur die von Natur aus vorhandenen Geländefak toren gehören, sondern auch solche nicht mehr rückgängig zu machenden Eigenschaften, die auf menschliche Einflüsse zurückgehen. Jeder Standort hat also eine ganz bestimmte potentielle natürliche Vegetation, die sich im gleichen Augenblick ändert, indem sich - von Natur aus oder in Folge menschlicher Eingriffe - der Standort ändert.
Nach dieser Definition muß die potentielle natürliche Vegetation nicht zwangsläufig mit der natürlichen Regionalgesellschaft, d.h. mit dem natürli chen Wald, der einst die Landschaft um Heidelberg prägte, übereinstimmen. Es kann davon ausgegangen werden, daß heute einige Baumarten aufgrund ihrer Wuchs- und Reproduktionsdynamik und wegen der anhaltenden Bo denversauerung durch Schadstoffeinträge steigende Anteile an der poten tiellen natürlichen Vegetation einnehmen würden. Hierzu gehören Fichte, Douglasie, Robinie, Edelkastanie und die spätblühende Traubenkirsche. Es ist hier die Aufgabe der Forstwirtschaft im Interesse einer naturnahen Waldbewirtschaftung, diese Entwicklungen zu kontrollieren und erforderli chenfalls lenkend einzugreifen.
Als weiteres Beispiel für die Auswirkungen einer großen irreversiblen Ver änderung des Standortes seien die veränderten Überflutungs- und Grund wasserverhältnisse im Oberrheintal als Folge des Rheinausbaus in den letz ten 150 Jahren genannt: gegenüber dem natürlichen Rheinauewald von einst mit seiner typischen Auevegetation, ist heute ein nenneswerter Anteil des Bergahorns - ein Baum der Schlucht- und Mittelgebirgswälder und eine deutliche Zunahme der Esche festzustellen, die früher natürlicherweise nur im Bereich der Hartholzaue gedeihen konnte.

Das Bodenprofil muß noch angelegt und genau beschrieben werden. Als Anhalt sei die Profilbeschreibung Nr. 8 in Abt. 78 Felsenbergweg wiederge geben, das einen ähnlichen Standort beschreibt. Kopie S. 177, S. 178.

EIN ORKAN NAMENS "WIBKE" UND SEINE FOLGEN FÜR DIE FORSTWIRTSCHAFT

Richten Sie Ihren Blick auf dem Gegenhang südlich des Neckars. Dort am Wolfsbrunnenhang können Sie eine größere Verjüngungs~ fläche erkennen, die sich von den angrenzenden Beständen deut lich abhebt. Wie ist diese ehemalige Kahlfläche entstanden und was wächst heute darauf?

"Am Aschermittwoch war alles vorbei", hört man den zuständigen Revier leiter ironisch sagen, wenn man ihn auf die stürmischen Ereignisse vom 27. auf den 28. Februar 1990 anspricht. In jener Nacht fegte der Orkan Wiebke mit Windgeschwindigkeiten von über 130km über den Heidelberger Stadt wald und hinterließ ein Bild der Verwüstung: der Sturm entwurzelte ganze Waldbestände. Ausgewachsene Bäume wurden in Windrichtung wie Streich hölzer zu Boden gedrückt. Solchen, die widerstehen konnten, brachen die Sturmböen die Baumkrone ab. Sogar starke alte Eichen, die wegen ihrer tiefwachsenden Pfahlwurzel als besonders sturmsicher gelten, waren der Heftigkeit des Orkans nicht gewachsen. In dieser Nacht wurde auch der Wald, den Sie am Gegenhang sehen -viel mehr: nicht mehr sehen- von Wiebke niedergewalzt. Der Sturm zerstörte dort 4,8 ha eines ca. 70jährigen Mischbestandes aus Edelkastanie, Buche und Bergahorn, Teile eines gleichaltrigen Fichten-Buchen-Waldes und 1,2 ha ei nes 45jährigen Fichten-Mischbestandes.

Es waren also unterschiedliche Baumarten mit unterschiedlichem Alter vom Sturm betroffen. Die Edelkastanie und die Buche gelten aufgrund ihrer Wurzelausbildung (Herzwurzel) als sturmfest. Die Fichte dagegen hat eine vorherrschend horizontal wachsende Wurzel, von der kleine Senkerwurzeln senkrecht in den Boden gehen. Dieses sog. Tellerwurzelsystem verleit dem Baum weniger Standfestigkeit gegenüber Sturmböen. Besonders labil sind Fichten auf Standorten mit Staunässe. Durch die anstehende Nässe (O2-Man gel) werden die Senkerwurzeln an einem tieferen Eindringen in den Boden gehindert. Bei tiefgründigen, gut durchlüfteten Böden zeigt die Fichte eine befriedigende Stabilität.

Von der Tatsache, daß auch sturmfeste Baumarten betroffen waren, kann man auf die außerordentliche Gewalt des Orkans schließen und Wiebke durchaus als Jahrhundertereignis bezeichnen. Am Gegenhang entstand innerhalb weniger Stunden insgesamt eine Kahl fläche von 6 ha. Dabei wurden 3.856 cbm geworfen; eine Menge, die der Ladung von rund 150 LKWs entspricht. Vier Wochen benötigte man um die Fläche, die aussah als hätte der Orkan auf ihr Mikado gespielt, aufzuarbei ten. Das bedeutete konkret, daß die Waldarbeiter unter lebensgefährlichen Bedingungen die kreuz und quer liegenden und zum Teil unter Spannung stehenden, tonnenschweren Bäume in transportfähige Stammteile zersägen mußten. Anschließend wurde ein speziell für die Holzbringung am Hang entwickelter Seilkran aufgebaut. ßhnlich wie ein Schlepplift die Skifahrer, transportierte dieser die Holzstämme nach oben auf den Waldweg. Unter diesen besonders schwierigen Voraussetzungen schnellten die Holz erntekosten in die Höhe, sie betrugen auf dieser Fläche rund 80,--DM pro cbm aufgearbeitetes Nadelholz und rund 70,-- DM pro cbm Laubholz. Parallel zu dieser Kostenentwicklung zeichnete sich ein drastischer Preis verfall auf dem Holzmarkt ab - denn die Sturmkatastrophe hatte nicht nur 6 ha am Gegenhang zerstört: im gesamten Heidelberger Wald entstanden Kahlflächen von fast 240 ha; dabei wurden 215.000 cbm Holz vom Sturm geworfen. Das entspricht ungefähr der siebenfachen Menge des planmäßi gen Jahreseinschlags!
Im gesamten Bundesgebiet (alte Länder) wurden über 72 Mio cbm Holz vom Sturm geworfen, mehr als das Doppelte des jährlichen Einschlags! Das plötzlich entstandene Angebot an Stammholz führte zu einem Zusam menbruch des Holzmarktes. Der Durchschnittspreis für 1 cbm Fichte/Tanne- Stammholz sank von 167,-- DM im Februar 1990 kurz vor dem Sturm auf 93,-- DM im April 1991 um fast die Hälfte (Verkäufe aus dem Staatswald Baden-Württemberg).
Um diesem Preisverfall entgegenzutreten wurde das Stammholzangebot durch die Einlagerung des Holzes auf Naßlagerplätze künstlich verringert. Rund 20.000 cbm Holz aus dem Stadtwald wurden auf dem Naßlagerplatz im Neuenheimer Feld zwischengelagert. Durch die künstliche Beregnung ist eine Konservierung ohne Lagerschäden von 5 Jahren möglich. Um den volkswirtschaftlichen Schaden gering zu halten, verzichtete die Landesforstverwaltung im Sturmjahr auf den Verkauf von 500.000 cbm Holz im Wert von 60 Mio. DM zugunsten der Privat- und Kommunalwaldbesitzer. Der Einschlagstopp für Nadelholz, der per Gesetz für alle Waldbesitzer nach dem Sturm verbindlich war, wurde im Forstwirtschaftsjahr 1992 für den Staatswald zur Entlastung des Marktes verlängert. Die finanziellen Beihilfen der Landesregierung für den nichtstaatlichen Waldbesitz (vor allem für Wiederaufforstung und Lagerkosten) belaufen sich auf rund 170 Mio. DM. Doch zurück zu der Sturmfläche am Wolfsbrunnenhang südlich des Neckars: nachdem die Fläche geräumt war, wurde sie 1991 wieder bepflanzt. Auf 1,6 ha konnte die natürliche Verjüngung von Edelkastanie und Bergahorn übernommen werden, die aus dem Vorbestand hervorgegangen war. 0,2ha war an Fichte/Douglasien-Naturverjüngung vorhanden. Auf der Rest fläche wurden auf 3,1 ha Traubeneichen mit Winterlinde, auf 0,1 ha Kirsch bäume, auf 0,3 ha Buchen und auf 0,7 ha Douglasien gepflanzt.
Aus diesen Baumarten werden sich sturmfeste Mischbestände entwickeln. Die waldbaulichen Anforderungen für die Begründung stabiler Wälder kön nen erfüllt werden. Die Frage bleibt, ob eine prognostizierte Klimaverände rung (Treibhauseffekt) die Zunahme von Orkanen zur Folge hat, die den Wald auf Dauer gefährden. Bleiben Stürme wie Wiebke ein Jahrhunderte reignis oder gehören sie bald zum alltäglichen Wetter?

DIE WALDBAULICHE BEHANDLUNG EINES ALTBESTANDES UND WIE DER FORSTMANN DIE NATÜRLICHE VERJÜNGUNG DES WALDES STEUERN KANN

Unter einem lichten Schirm von alten Buchenkronen wachsen klei ne Buchen ihren Konkurrenten davon weil sie in Ihrer Jugend mehr Schatten ertragen können als andere Baumarten. Das waldbauliche Vorgehen durch das der Forstmann diese günstigen Bedingungen schafft nennt man Schirmschlag.

Sie stehen inmitten eines rund 125jährigen Buchenaltholz. Der ganze Be stand ist 4,2 ha groß. Die gesamte Fläche wurde zuletzt 1992 durchforstet, und dabei ungefähr 250 cbm Holz eingeschlagen.
Bei der naturnahen Waldbewirtschaftung nutzt man das natürliche Verjün gungspotential eines Bestandes. Dazu werden die Altbuchen durch Freistel lung für eine ausreichende Buchenmast vorbereitet. Durch die Auflockerung des Kronendachs wird der Lichteinfall auf den Boden gesteuert und die Be dingungen für das Auflaufen, d.h. Keimen der Samen geschaffen. Die Verjüngung des Bestandes findet also nicht auf der Freifläche statt, son dern unter einem lichten" Schirm" der Buchenkronen. Diese Schirmstellung wird durch den sog. Schirm- oder Femelschlag in einem Altholz erreicht. Schatt- und Halbschattbaumarten können ihren ökologischen Ansprüchen gemäß unter Schirmschutz natürlich ankommen und sich dort solange ent wickeln, bis sie den Unbilden des Freistands -Temperaturextreme, konkur rierende Bodenvegetation. gewachsen sind. Durch stärkere Eingriffe kann man die Lichtverhältnisse so variieren, daß auch Lichtbaumarten in kleinen Gruppen in den Grundbestand aus schattenertragenden Arten eingebracht werden können.
Mit diesen einfachen Mitteln zur Steuerung der Naturverjüngung kann unter günstigen Bedingungen der gesamte Bestand natürlich verjüngt werden. Das Verfahren bietet sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile. Wirt schaftlichkeit und Naturverträglichkeit werden dabei gleichermaßen er reicht.

In der Senke, die Sie vor sich sehen, hat sich bereits auf kleiner Fläche die natürliche Verjüngung von Buche und Bergahorn eingestellt. Unterhalb des Weges, dort wo es etwas feuchter ist, dominiert der Bergahorn. ßltere Bu chen sind in dieser feuchten Rinne immer wieder durch Sturm ausgefallen.

Die Buche hat nicht gerne "nasse Füße", weil ihre Wurzelausbreitung durch das Bodenwasser gehemmt wird. Konkurrenzkräftiger ist an solchen feuch ten Kleinstandorten der Bergahorn. Dort, wo die Buchen ausgefallen sind, haben junge Bergahornkeimlinge schon in Wartestellung gelauert. Als nach dem Wegfall der Buche schließ lich genügend Licht auf den Waldboden traf, konnten sie sich zu kleinen Bäumchen entwickeln. Im Laufe mehrerer Baumgenerationen entwickelt sich so schrittweise ein an den Standort angepaßtes natürliches Baumarten verhältnis.
Oberhalb des Weges, wo es etwas trockener ist, hat sich die Buche ange samt. Auch dies war erst möglich, nachdem der Bestand soweit bei einer Durchforstung gelichtet wurde, daß genügend Licht auf den Waldboden ge fallen war.
In solchen Entwicklungsstufen hat der Forstmann weiter dafür Sorge zu tra gen, daß die steigenden Lichtbedürfnisse der Naturverjüngung durch die Entnahme weiterer Altbuchen erfüllt werden. Bei der Auswahl der Bäume achtet der Förster darauf, daß vor allem kran ke und qualitativ schlechte Buchen eingeschlagen werden. Dadurch fördert er die gesunden und wertvollen Bäume, deren Baumkronen dann in die entstandenen Lücken im Kronendach wachsen können. Die Ausdehnung der Kronen bedeutet eine Vergrößerung der Blattfläche (Assimilationsfläche), was sich durch einen vermehrten Holzuwachs bemerkbar macht. Diesen Effekt nennt man Lichtungszuwachs. Voraussetzung hierfür ist, daß die Baumkronen auch im hohen Alter noch in der Lage sind, sich auszu dehnen. Diese Fähigkeit der Regeneration ist bei der Buche besonders aus geprägt. Den Lichtungszuwachs kann man bis zur Hiebsreife der Bäume ausnutzen. Wann ein Baum hiebsreif ist, bestimmt in der Regel sein Durchmesser. Hat dieser eine gewünschte Stärke erreicht, kann der Baum eingeschlagen wer den. Man versucht damit einen optimalen Preis am Holzmarkt zu erzielen. Neben der Stärke und der Qualität des Holzes sind die Käuferwünsche preisbestimmend, was sich indirekt damit auch auf den Einschlagszeitpunkt auswirkt:
In höherem Alter (ungefähr ab 120 Jahren) und ab einem gewissen Stamm durchmesser neigen die Buchen dazu, einen Rotkern auszubilden. Dabei tritt Luft über Trockenäste in das Kernholz des stehenden Baumes und es kommt zur Thyllenbildung (Verschließung der Gefäße) und zu einer oxydativen Verfärbung der Leitgefäße. Die Rotfärbung des Kernholzes, der sog. Rotkern, wirkt sich nicht auf die Festigkeit des Holzes aus. Nur die Verwendung des Holzes für Eisenbahnschwellen ist wegen der durch die Thyllenbildung eingeschränkte Imprägnierbarkeit ausgeschlossen. Für die übrigen Verwen dungsbereiche (z.B. Möbelbau) ist er lediglich ein Schönheitsfehler.

Der Absatz von rotkernigem Buchenholz ist wegen der modisch orientierten Kundenwünsche zur Zeit sehr schlecht. Buchen mit Rotkern werden daher schlechter bezahlt als weiße Buchen. Diese Erlösminderung versucht der Waldbesitzer durch den frühzeitigen Einschlag der Buchen zu vermeiden. Mit diesen einfachen Mitteln zur Steuerung der Naturverjüngung kann unter günstigen Bedingungen der gesamte Bestand natürlich verjüngt werden.

Sie stehen inmitten eines rund 125jährigen Buchenaltholz. Der ganze Be stand ist 4,2 ha groß. Die gesamte Fläche wurde 1992 durchforstet, und da bei ungefähr 250 cbm Holz eingeschlagen. Die geradschaftigen Stämme der eingeschlagenen Buchen wurden als Stammholz (durchschnittliche Stückmasse . . cbm) verkauft. Die krumm schaftigen und stark astigen Baumteile fanden als Industrieholz für die Spanplatten- und Zellstoffproduktion ihren Absatz. Das Holz, das nicht ver kauft werden konnte (faule oder gesplitterte Stammteile, ßste und Reisig) wurde an sog. Selbstwerber als Brennholz abgegeben.

WIE DER FORSTMANN HERAUSFINDET WO SICH WELCHE BAUMART AM WOHLSTEN FÜHLT

Bei der Neubegründung eines Waldes steht am Anfang die Frage nach geeigneten Baumarten. Die oberste waldbauliche Regel be sagt, daß die Baumartenwahl stets auf die ökologischen Eigenarten des Standortes abgestimmt sein muß. Standortsgerecht sind Baumarten, deren Ansprüche an Klima und Boden der natürlichen Ausstattung des Standortes entsprechen, dort leistungsfähige Bestände mit geringem Produktionsrisiko bil den und ihrerseits den Bodenzustand erhalten oder sogar verbes sern. Grundlage für die Festsetzung des Produktionziels, d.h. der Baumartenauswahl, sind die Standortskarten und -berichte.

Die forstliche Standortskunde beschäftigt sich mit den durch Lage, Klima und Boden umschriebenen Waldstandorten. Ihr Ziel ist die Beantwortung der Frage: " Was kann man mit den Waldstandorten tun?". Zur komplexen Erfassung des Standortes werden geographische, geologische, petrographische, bodenkundliche, klimatologische, vegetationskundliche, pollenanalytische und historische Fakten und Untersuchungsmethoden kom biniert. Die Kartierung einer Waldfläche ist daher sehr aufwendig. Der "Ziegelhäuser Wald", durch den Sie der Info-Pfad führt, wurde zusammen mit dem Staatswald Heidelberg und dem Gemeindewald Dossenheim kar tiert. Die Arbeiten dauerten von 1982-1984.
Vorgegangen wurde in zwei Stufen nach dem südwestdeutschen standorts kundlichen Verfahren:
1. Durch die regional vergleichende Betrachtungsweise sollen zunächst ein mal diejenigen standortlichen Besonderheiten erfaßt werden, durch die sich eine Landschaft als ganzes von anderen Landschaften unterscheidet (regio nales Klima, Landschaftsform, Gesteinscharakter einer Gegend, Auswirkun gen der Landschaftsgeschichte).
2. Erst dann werden die zahlreich nebeneinander auftretenden örtlichen Standortsverschiedenheiten erfaßt: örtliches Klima, örtliche Gesteinsausbil dung, örtliche Geländeausformung, chemische und physikalische Bodenei genschaften, Wasser- und Luftaushalt des Bodens, Humuszustand usw..

Das Ergebnis des ersten Arbeitsschrittes ist zum einen die Zuordnung des "Ziegelhäuser Waldes" zu der Großlandschaft "Odenwald" (Wuchsgebiet) und genauer zum Einzelwuchsbezirk "Süd-westlicher Buntsandstein-Oden wald". Zum anderen die Gesamtcharakterisierung des Waldökosystems durch das natürliche, vorwiegend vom Regionalklima bestimmte Baumartenve rhältnis, durch die sog. natürliche Regionalgesellschaft. Die natürliche Regionalgesellschaft hier im Süd-westlichen Buntsandstein- Odenwald ist ein "atlantisch-submontaner und -montaner Buchen-Traube neichen-Wald"

Nach einer zunächst weiträumigen Betrachtung des Wuchsbezirkes und der Regionalgesellschaft wollen wir nun den Standort genauer betrachten, an dem wir stehen. Zur standörtlichen Gliederung einer Waldfläche werden sog. Standortseinheiten gebildet. Die Standortseinheit ist die forstökologische Grundeinheit; darin werden Einzelstandorte zusammengefaßt, die zwar nicht völlig identisch sind, sich aber so nahe stehen, daß sie ähnliche waldbauliche Möglichkeiten und Gefahren aufweisen und ähnliche Leistungen der Hauptbaumarten erwarten lassen. Eine Standortseinheit wird durch morphologische, geologisch-boden kundliche und floristische Erkennungsmerkmale umschrieben. Der Hang vor Ihnen gehört zur Standortseinheit "Hainsimsen-Buchen-Ei chen-Wald auf mäßig frischem Sand-Sommerhang". Der Begriff "Sand-Sommerhang" steht für eine Serie von Bodenformen, die sich hier aus dem mittleren Buntsandstein entwickelt haben (podsolierte Braunerden und Podsole). "Frisch" bedeutet, daß gegügend Grobporen im Boden vorhanden sind, in denen bei Wassersätigung neben Wasser sich immer noch Bodenluft halten kann. Es handelt sich also um einen mäßig gut durchfeuchteten und durchlüfteten sandigen Boden. Die Kenntnis über die Bodenbeschaffenheit ist deshalb für den Forstmann so wichtig, weil der Boden als Wurzelraum von entscheidender Bedeutung für das Wachstum und die Stabilität der Waldbäume ist.
"Hainsimsen-Buchen-Eichen-Wald" bezeichnet die natürliche Waldgesell schaft auf den Flächen vor und hinter Ihnen. Baumarten des natürlichen Waldes (Buchen-Eiche) und eine typische Art der Bodenvegetation (Hain simse) treffen eine erste Aussage über den Standort.
Vervollständigt wird die Standortsbeschreibung durch die vorhandenen ökologischen Artengruppen. Sie fassen Pflanzenarten zusammen, die sich gegenüber bestimmten Faktoren - z.B. dem Wasserhaushalt des Bodens, der Bodenversauerung oder der Stickstoffanreicherung - ähnlich verhalten. Für die Standortskartierung haben sie also einen ähnlichen Zeigerwert.

Jede dieser Gruppen wird nach einer kennzeichnenden Art benannt. So sind bspw. in der für den Standort hier typischen Deschampsia-flexuosa (Draht schmiele)-Gruppe eine Reihe von Arten zusammengefaßt, die eine Versaue rung des Bodens anzeigen, auf extrem versauerten Böden aber zurücktreten: Gemeines Straußgras, Pillen-segge, Drahtschmiele, Roter Fingerhut, Harzer Labkraut, Deutscher Ginster, Weiches Honiggras, Berg-Platterbse und Hasen lattich.
Der Standort, an dem Sie sich befinden, wird noch durch drei weitere Ar tengruppe beschrieben. Das sind die Weiße Hainsimsen-Gruppe, die Adler farn-Gruppe und die Heidelbeer-Gruppe mit einer Anzahl dazugehöriger Arten.
Nach einer Gesamtbetrachtung aller ökologisch wirksamen Faktoren können schließlich geeignete Baumarten empfohlen werden, die auf dem Standort ein gutes Wachstum, Vitalität und Stabilität erwarten lassen. Die ausge wählten Baumarten müssen unter diesen Gesichtspunkten nicht immer der natürlichen Waldgesellschaft entsprechen. Aber sie müssen den ökologischen Standortseigenschaften angepaßt sein, denn die Verjüngung durch standorts gerechte Baumarten ist die wichtigste Voraussetzung zur Erfüllung der Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes.

AMERIKANER SIND NICHT NUR IN HEIDELBERG EIN VERTRAUTES BILD AUCH IM WALD FÜHLT SICH EINER SEIT ÜBER 100 JAHREN HEIMISCH

Die Möglichkeiten und Gefahren des Fremdländeranbaus wird hier anhand der aus Nordamerika eingeführten Baumarten Douglasie und Weymouthskiefer beschrieben. Ungefähr 20m vor sich können Sie noch eine Weymouthskiefer bewundern, eine der wenigen überlebenden Exemplare eines gescheiterten Einbürgerungsver suches.

Doch zunächst die Geschichte einer erfolgreichen Einbürgerung eines Fremdländers:
1828 führte der schottische Forstmeister Douglas die ersten Bäume der Gat tung Pseudotsuga in Europa ein. Richtiger gesagt: er führte sie wieder ein, da die Gattung im Tertiär bis vor ca. 2 Mio. Jahren noch bei uns vertreten war. Erst im Verlauf der Eiszeit ist sie hier ausgestorben. Sie umfaßt nur 6 Arten, wovon heute vier in Ostasien vorkommen und zwei im westlichen Nordamerika beheimatet sind.
Nach 1880 setzte eine erste Anbauwelle der Art Pseudotsuga menziesii auch in Heidelberg ein. Diese sog. Douglasie stammt aus Nordwestamerika und ist zur wichtigsten Fremdländerart in Mitteleuropa geworden. Erst seit 30 - 40 Jahren wird sie wieder in größerem Umfang in Deutschland angebaut, nachdem man sich über zuverlässige Herkünfte ausreichend Sicherheit ver schafft hat.
Heute beträgt der Anteil an der Gesamtwaldfläche im Stadtwald Heidelberg 8%. Die Douglasie wächst noch besser als die Fichte und wird genauso gut bezahlt. Auf trockenen, warmen Standorten, die von geringwüchsiger Eiche und Kiefer besiedelt sind, kann die Douglasie in der gleichen Zeitspanne häufig doppelt so viel Holz produzieren wie Kiefer und Eiche. Diese attrak tive Kombination von Eigenschaften ist für viele Waldbesitzer sehr verlok kend. Das hat dazu geführt, daß der Anteil an Douglasie in unseren Wäl dern sehr schnell gestiegen ist. Die Douglasie wird heute wegen der be kannten Nachteile einer Monokultur nicht im Reinbestand gepflanzt, sondern mit mindestens 30% Laubholz gemischt. Wegen ihrem enormen Wachstum in der Jugend bedrängt sie die Mischbaumarten sehr stark. Helfende Eingriffe zur Erhaltung der Laubbaumarten müssen daher ständig durchgeführt wer den.

Die Einführung von Baumarten aus ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet heraus ist immer ein risikoreiches Unterfangen. Sie dürfen deshalb keinen zu hoch bemessenen Anteil einnehmen. Bei der Douglasie ist die Einbürge rung erfolgreich verlaufen, da der Anbau über mehrere Jahrzehnte auf unterschiedlichen Standorten erprobt wurde und eine bedeutsame Gefähr dung durch biotische (Sturm, Schnee etc.) und abiotische (Pilze, Insekten) Schadfaktoren dabei nicht erkennbar wurde. Zudem ist die größere Wuchs leistung gegenüber vergleichbaren einheimischen Baumarten zuverlässig nachgewiesen worden.
Ganz anders verlief der Einbürgerungsversuch der Weymouthskiefer, auch Strobe genannt, einer fünfnadligen Kieferart aus dem Nordosten der USA. Sie wurde schon im 18. Jahrhundert in deutschen Wäldern mit fast so ein drucksvollen Wuchsleistungen wie die Douglasie angebaut. Dann allerdings nahm der Anbau eine katastrophale Entwicklung. Ein bis dahin unbeachteter Pilz, der Blasenrost, wurde der ausländischen Kiefer zum Verhängnis: der Entwicklungszyklus des Pilzes spielt sich zum Teil auf den Blättern von Stachel- und Johannisbeeren ab, von denen auch wilde Arten bei uns vorkommen. Zum anderen Teil wird er auf den Nadeln fünfnadliger Kiefern abgewickelt. Davon gibt es bei uns nur die Zirbe in höchsten Gebirgslagen. Dort hatte sich zwischen Blasenrostpilz, Zirbe und wilder Johannisbeere im Laufe von Jahrtausenden ein natürliches Gleichge wicht eingestellt, größere Probleme traten nicht auf. Die amerikanische Kiefer war jedoch nicht an diese eingespielte Wechselwirkung zwischen Wirt und Parasit angepaßt und konnte mit dem Pilzbefall nicht fertig wer den. Der Blasenrost setzte ihr so sehr zu, daß der Anbau in großem Stil eingestellt wurde.
Es kam aber noch schlimmer: mit befallenen Pflanzen aus europäischen Baumschulen gelangte der Weymouthskiefern-Blasenrost unglücklicherweise eines Tages in die USA. Mit gleicher Vehemenz wie die nach Europa im portierten Weymouthskiefern attackierte er diese Baumart dann auch in ihrem Heimat. Über Jahrzehnte stellte der Blasenrost eine tödliche Bedro hung für sie da. Durch systematische Ausrottung ist inzwischen dort jedoch das andere Ende der Entwicklungskette fast beseitigt worden: nämlich die Stachel- und Johannisbeeren. .

DER BLICK NACH OBEN VERRÄT DEM FORSTMANN WELCHE BÄUME EINGESCHLAGEN WERDEN MÜSSEN

Sie stehen nun in einem Kiefern-Buchen-Altholz. Nach den Anga ben der 10jährigen Forstbetriebsinventur (=Forsteinrichtung) von 1987 ist der Bestand 3 ha groß und erstreckt sich zu beiden Seiten des Weges. Aus der Bestandesbeschreibung kann man weiter ent nehmen, daß 70% Kiefern und 30% Buchen mit einem Alter zwischen 96 - 108 Jahren, im gewichteten Mittel von 103 Jahren, auf diesem Hang wachsen. Und zwar im Norden als "geschlossenes Forlenal tholz" und ansonsten als "lockeres Buchenaltholz".

Diese Angaben beschreiben die Überschirmung des Waldbodens durch die Baumkronen, diese kann so dicht sein, daß kein Sonnenstrahl und bei kur zem Regen kaum ein Tropfen Wasser den Waldboden erreicht. In diesem Fall beschreibt man die Überschirmung als " dicht gedrängt" , weil die einzelnen Baumkronen eng miteinander verzahnt sind. Die Entfaltungsmög lichkeiten der Baumkronen sind dann bereits an ihre Grenzen gestoßen und da ihre Größe ausschlaggebend für die Photosyntheseleistung ist, kann der Baum keinen weiteren Holzzuwachs mehr leisten.
Diese Tendenz zum Dichtschluß des Kronendachs ist in jeder Alterssrufe des Bestandes gegeben. Ließe man die Bäume ohne die Stammzahl zu reduzie ren einfach in den Himmel wachsen, bekäme man als Ergebnis einen Wald mit vielen schlecht bekronten Bäumen. Sie sind durch den Drang ans Licht zu wachsen zwar sehr hoch, jedoch kaum dicker geworden und sind des halb auch sehr labil.
Die kümmerliche Ausbildung der Wurzeln verhält sich analog zu der gerin gen vertikalen und horizontalen Ausdehnung der Baumkronen. Damit ist die Vitatlität der einzelnen Bäume stark eingeschränkt und sie können zudem vom Sturm leicht entwurzelt oder abgebrochen werden. Dieser Entwicklung ist in der Vergangenheit unterschiedliche Bedeutung beigemessen worden. Und die Anfälligkeit vieler Bestände gegenüber abio tischen (Sturmwurf, Schneedruck) und biotischen (Insekten, Pilze) Schadfak toren geht oft auf zu schwache Durchforstungseingriffe während der ent scheidenden Jugendphase der Bestände zurück.

Die Notwendigkeit der Bestandespflege wurde jedoch schon um 1540 in der Württembergischen Forstordnung erkannt: "Ob sie (die Tannenwäld) zu dick aufgewachsen und entsprungen wären, sollen Forstmeister im Mayen die überflüssigen Stangen zu Leitern und sonst verkaufen und heraushauen las sen, damit werden die Wäld licht und geläutert, und mag das übrig Holz, so ohne das erstickt, und am wachsen verhindert wird, desto besser für schiessen und aufwachsen."
In diesem Bestand, in dem Sie nun stehen, zeigt sich, daß die Kiefer häufig von den Buchen förmlich "erwürgt" wird. Dort wo ihre Kronen durch die Bedrängung bereits zu stark abgestorben sind, muß sie entnommen werden. Anders als die Buchenkronen kann sich eine eingezwängte Kiefernkrone in hohem Alter nachträglich nämlich nicht mehr regenerieren. Wenn der Förster bei einer Durchforstung die einzuschlagenden Bäume aus zeichnet, indem er mit der Axt oder mit einem Ziehmesser den Stamm mar kiert, dann ist sein Blicks stets nach oben gerichtet. Im Kronendach erkennt er, welche Bäume von anderen bedrängt werden. Er achtet darauf, ob sie krank oder beschädigt sind und ob der Stamm gerade gewachsen ist. Dabei muß er sich oft genug zwischen zwei oder mehr gleichwertigen Bäumen entscheiden. In diesem Falle lautet eine waldbauliche Regel: Vitalität vor Qualität vor Verteilung. D.h. daß kranke und schlecht bekronte Bäume vorrangig eingeschlagen werden. Gibt es keine Unterschiede in der Vitali tät, achtet er auf die Stammform und die Astigkeit. Wenn auch da alle Bäume gleichwertig sind, versucht er, eine gleichmäßige Verteilung der Bäume auf der Fläche zu bekommen.

Die Gefahr, daß man zuviele Bäume einschlägt, besteht nicht. In der 10jäh rigen Planung, von der wir am Anfang gesprochen haben, wurde auch die gesamte Holzmenge auf der Fläche und der jährliche Holzzuwachs des Bestandes geschätzt.
Nach dem forstlichen Wirtschaftsprinzip der Nachhaltigkeit, d.h. daß nie mehr Holz eingeschlagen wird als zuwächst, hat man die Durchforstungs menge festgelegt, die innerhalb des Planungszeitraumes (1987 - 1997) ge nutzt werden soll.
1986 wurden bereits 186 Festmeter (= cbm) bei einer Durchforstung auf 2,6 ha des Bestandes entnommen. Davon waren 94 fm Kiefernholz, 26 fm Bu chenstammholz, 25 fm Kiefernindustrieholz und 40 fm Buchenindustrieholz. ( Industrieholz besteht aus krummschaftigen, astigen Stamm- und Kronentei len, die zur Zellstoff- und Spanplattenproduktion verwendet werden). 1987 wurde dann noch ein Holzvorrat von insges. 1.080 Vorratsfestmeter auf der Gesamtfläche ermittelt, das sind 360 fm/ha.
Für das Jahrzehnt 1987 - 1997 ist wieder ein Durchforstung mit einem Ein schlag von 70 fm/ha geplant, das sind insges. rund 200 fm. .

DIE ENTWICKLUNG DES WALDES SEIT DER BESIEDLUNG DES NECKAR- UND RHEINTALES IST ENG MIT DER GESCHICHTE DER HIER LEBENDEN MENSCHEN VERBUNDEN

Der Heidelberger Wald, wie Sie ihn heute sehen, ist ein Produkt der Forstwirtschaft etwa der letzten 100 Jahre. Man kann sich heute beim Anblick der dicht bewaldeten Hänge rings um die Stadt kaum mehr vorstellen, daß zu Beginn des 19. Jahrhunderts weite Teile dieser Flächen praktisch unbestockt waren.
Die ursprünglich vorhandenen Wälder waren im Laufe der Jahrhun derte durch Waldweide und übermässige Holznutzung (vielfach Diebstahl) so verlichtet und devastiert worden, daß man vielerorts überhaupt nicht mehr von "Wald" sprechen konnte. Wie auf alten Stichen z.B. von Merian zu erkennen ist, war der Gaisberg 1620 völlig waldfrei. Dabei muß man allerdings berücksichtigen, daß ge rade im 17. und 18. Jahrhundert die stadtnahen Berge schon aus strategischen und kriegstechnischen Gründen waldfrei gehalten wurden.

Der Ziegelhäuser Wald, in dem Sie sich heute befinden, war urspünglich Teil des ausgedehnten Schriesheimer Centwaldes. Als Allmende war er ge meinschaftlicher Boden der angrenzenden Dörfer, die anfangs eine Cent, das heißt eine Hundertschaft bildeten. Bereits 772 wird im "Lorscher Kodex" der Vorläufer dieser Cent erwähnt. Im 13. Jahrhundert reichte der Centwald von Weinheim über Ziegelhausen bis nach Neckargmünd. Erst 1790 wurde das Waldgebiet, durch das Sie der Info-Pfad führt, Ziegelhausen als Gemeinde eigentum überschrieben.
Als Mitglied der Cent-Allmend-Genossenschaft hatten die Bewohner ver schiedene Nutzungsrechte am Wald, wie z.B. das Recht auf den "Eckerich ", d.h. daß in Samenjahren (Mastjahren) jedes Dorf eine bestimmte Anzahl Schweine in den Wald zur Eichel- und Bucheckernmast treiben durften. Viele alte Weg- und Flurnamen zeugen noch von diesen früheren Nut zungsformen im Wald. Der Weg, dem Sie von hier aus bis zur Mausbach wiese folgen, heißt heute Kuhriegelweg. Er entstand aus dem Namen "Küh rügel" (= Kühruhe), was ursprünglich einen Lagerort für Großvieh am Büch senackerköpfel bezeichnete (CHRIST, 1925, S.9).
Eine weitere "Kühruhe " befand sich am oberen Ende der Mausbachwiese, und talabwärts im Mausbachtal war eine "Säuruhe", die von den Schwei nen des Klosters Neuburg genutzt wurde. Weitere Ortsbezeichnungen wie Viehtriebhangweg, Ochsenweidweg, Ochs brunnen und viele andere deuten auf die wichtige Rolle der Waldweide in früheren Zeiten hin.
An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, daß der Name "Mausbach" nichts mit Mäusen zu tun hat. Er entstand aus dem Namen "Mulspach" (=Mühlenbach, weil er einst im 15. Jahrhundert die alte Stiftsmühle mit Wasser versorgte).
Erst 1790 wurde die Waldweide durch eine Agrarreform abgeschafft und die Stallhaltung eingeführt. Das Einstreuen der Ställe hatte jedoch eine weit verbreitete Streunutzung in den siedlungsnahen Wäldern zu Folge. Die Entnahme von Laubstreu - aber auch Heidelbeere, Heidekraut und Ginster - aus dem Wald und der damit verbundene Nährstoffentzug verschlechterten die Bodenfruchtbarkeit nachhaltig. Die Folgen reichen bis in unsere heutige Zeit: Mangelsymtome und Wuchsstockungen an Kulturen haben ihre Ursa chen häufig in der einstigen Streunutzung.
Neben der Weide führte eine besonders im Odenwald verbreitete Wirt schaftsform, die sogen. "Hackwaldungen", zu einer ständigen Verschlechte rung der Bestände.
Für diese Art der Bewirtschaftung wurde Hochwald in Niederwald umge wandelt. Die forstliche Fachsprache bezeichnet als Hochwald jeden Wald, dessen Bäume aus Samen hervorgegangen sind. Fast die ganze Waldfläche Deutschlands ist von Hochwald bedeckt. Niederwald dagegen ensteht, wenn die Stöcke von abgeschlagenen Bäumen wieder austreiben und neue Stämme bilden. Nur Laubholz ist aufgrund sei ner "Wurzelauschlagfähigkeit" für Niederwald geeignet. Ein kleiner Rest dieser historischen Bewirtschaftungsform ist heute noch im Dossenheimer Wald zu sehen.
Bis zu seiner Rodung im Jahre 1746 wurde der einstige Wald auf dem Büchsenacker, das sind die Wiesen bei der Bushaltestelle Köpfel, als Hack wald bewirtschaftet. Dieser Niederwald war hauptsächlich sog. Eichenschäl wald, der in der Saftzeit der Bäume im Frühjahr geschlagen wurde. An schließend wurden die Stämmchen geschält (daher der Name Eichenschäl wald ) und die Rinde als Lohe zum Gerben gemahlen. Die entrindeten Eichen ("Schälklepperle") wurden als begehrtes Brennholz von den Bäckern in Ziegelhausen verwendet . Das unbrauchbare Holz wur de mit der Bodenvegetation auf der ganzen Fläche verbrannt. Die Asche hat man anschließend untergehackt (daher der Name Hackwald) und zwi schen den Wurzelstöcken der verbrannten Erde Buchweizen oder Winter roggen eingesät.
Nach zweimaliger landwirtschaflicher Nutzung ließ man die ausschlagkräf tigen Eichen wieder wachsen. Nach etwa 10-15 Jahren wurde dann der neu entstandene Niederwald wieder auf den Stock gesetzt. Um die Grundbedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen hat man schon früh die forstwirtschaftliche mit der landwirtschaftlichen Nutzung verbun den. Solche Bewirtschaftungsformen mit den gleichen nachteiligen Folgen für den Wald werden heute noch aus der Not heraus von Menschen in den sog. Entwicklungsländern betrieben. Man bezeichnet sie dort als Brand hackbau oder "shifting cultivation".
Die Niederwald-Wirtschaft wurde hier erst 1899 eingestellt Eichenschälungen sind sogar noch von 1945 bekannt.
Die Waldverwüstungen, die bis heute nachwirken, hatten aber auch noch andere Ursachen, wie z.B. die hohe Jagd, die den Landesherrn vorbehalten war. Sie bewirkte durch die übertriebene Hege des Wildes eine für den Wald untragbare Wilddichte mit beklagenswerten Schäden an forst- und landwirtschaflichen Kulturen.
Eine andere Ursache war der mit der Bevölkerung gestiegene Brennholzbe darf, der zu Holzfrevel und einer "Ausräumung" des Waldes führte. Die Köhlerei und die Pottaschegewinnung zur Glasherstellung tat ein weiteres zur Vernichtung des Laubwaldes. Auch die Flößerei trug durch die verkehrgünstige Lage am Neckar zur Plünderung der Wälder bei. Die sog. Holländerstämme, die man für den Ausbau holländischer Städte und Schiffe auf Neckar und Rhein bis an die Nordsee flößte, wurden in den immer kleiner werdenden Hochwäldern des Odenwalds eingeschlagen. Daher waren bis zum 19. Jahrhundert vorratsarme Mittel- und Niederwälder die landschaftsbestimmende Waldform. Erst als gegen Ende des vorherigen Jahrhunderts beschlossen wurde, den gesamten Wald nur noch als Hochwald zu bewirtschaften, veränderte sich das Waldbild grundlegend. Um einer immer wieder drohenden Holznot vorzubeugen und um die vielen entstan denen Kahlflächen wieder aufzuforsten, wurde mit dem Anbau schnell wachsender Nadelhölzer begonnen.
Schon 1776 wurden im Ziegelhäuser Forst erstmals Kiefern und Fichten an gepflanzt. Ihr Anteil betrug damals noch 1,5% aller Baumarten. Der Nadel holzanteil lag aber im Jahr 1840 bereits bei 21%, verdoppelte sich in 40 Jahren auf 40% , und 1909 waren 52% der Baumarten Nadelhölzer. Durch die Überführung der vorratsarmen Niederwälder in zuwachsstarke Hochwälder, hat sich der Holzvorrat pro Hektar ungefähr verfünfacht! Selbstversorgungsbestrebungen während der beiden Weltkriege und die möglichst schnelle Wiederausforstung der Reparationshiebe der Franzosen und Engländer nach dem 2. Weltkrieg führte zu einem verstärkten Nadel holzanbau in unserem Jahrhundert. Während dieser Zeit wurde die Wald wirtschaft verständlicherweise stärker als heute unter den Aspekten der Rohstofferzeugung und des Ertrags aus dem Wald gesehen.
Heute sind im Stadtwald Heidelberg 45% aller Baumarten Nadelbäume. Aus ökologischen und waldbaulichen Gründen ist im letzten Jahrzehnt eine deutliche Trendwende mit wieder steigenden Laubholzanteile gegeben. .

DIE ALTSTADT VON HEIDELBERG WURDE AUF EINEM SCHWEMMFÄCHER ERRICHTET

Beim Blick auf die Altstadt fällt der Klingenteich auf, ein Talein schnitt südlich der Stadt, durch den das Wasser Sand und Geröll transportierte, das am Talausgang ablagert wurde, als Fundament für das alte Heidelberg.

Die Morphologie des Stadtgebietes von Heidelberg und damit auch der Mündungstrichter des Neckars in die Rheinebene hinaus ist weitgehend durch tektonische Linien (Störungen) vorgezeichnet, die im Zusammenhang mit dem Einbruch des Oberrheingrabens im Tertiär entstanden, und die dem Neckar das Ausräumen des Tales erheblich erleichterten.
Die erste Besiedlung, der Kern der Stadt Heidelberg, lag vom Neckar ent fernt auf einem rechts des von Granit gebildeten Steilhangs erkennbaren, nach Norden geneigten Schwemmfächer, den der Klingenbach von Süden her auf die Niederterrasse des Neckars vorgebaut hatte. Nur dort war ein ausreichender Schutz vor den Hochwassern des Neckars gegeben. Sein höchster Punkt ist durch die Peterskirche, der ältesten Kirche Heidelbergs, gekennzeichnet. .

AUS FLÜSSIGER MAGMA ENSTAND STEINHARTER GRANIT ALS SICH EIN GEWALTIGES URGEBIRGE AUS DER ERDE ERHOB

Der nackte Fels vor Ihnen ist Granit, der Sockel des Odenwaldes. Er ist in grauer Vorzeit entstanden und wird heute - dort wo er zu tage tritt - wieder verwittert, durch Wind und Wetter, und durch die Sprengkraft der Baumwurzeln, wenn sie den nackten Fels umklam mern, wie es uns hier die Hainbuche zeigt. Auch das Entstehen und Vergehen der Steine ist ein natürlicher Kreislauf, der jedoch mit menschlichen Zeitvorstellungen kaum zu erfassen ist.

Das Grundgebirge des südlichen Odenwaldes wird im wesentlichen von saueren Magmatiten aufgebaut. Dieses älteste Gestein ist ein Granit, der vor etwa 320 Millionen Jahren (Ma), d.h. in der Karbonzeit an der Wende Un ter-/Oberkarbon als heiße Gesteinsschmelze in die tieferen, bereits meta morphen Stockwerke eines sich bildenden Gebirges eingedrungen ist und dort in einer Tiefe von 3,5 - 5 km erstarrte.
Den Hauptanteil bildet vielfach ein durch große Kalifeldspäte porphyrisch entwickelter Biotitgranit ("Heildelberger Granit"). Häufig zeigen diese kri stallographisch gut begrenzten und bis zu 3 cm langen Einsprenglinge eine gewisse Einregelung, hervorgerufen durch die Drift der Kristalle während der Platznahme der Gesteinsschmelze.
Der porphyrische Biotitgranit wird teils lagerartig, teils gangförmig von einem fein- bis mittelkörnigen Muskovit führenden Granit durchzogen, der vereinzelt durch eine reichlichere Turmalinführung gekennzeichnet ist. Dieser schwarze Turmalin (=Schörl) ist durch seine stengeligen Kristalle meist auch makroskopisch deutlich zu erkennen.
Auch die Nebengesteine der Granite sind im Bergsträßer Odenwald verein zelt in Form von langgestreckten "Schieferzügen" noch erhalten, deren parallel strukturierten Gesteine vom Minerlabestand als Gneise zu bezeich nen sind. Sie wiederum entstanden im Rahmen einer noch älteren Gebirgs bildung durch Einwirkung von Druck und Temperatur aus Sedimenten, über deren Alter und Ausgangsmaterial jedoch wenig bekannt ist. Nimmt man die Erkenntnisse aus dem Schwarzwald und auch aus Teilen des Spessarts als Maßstab, so reicht die Vorgeschichte unserer Landschaft noch sehr viel weiter zurück. Die geologische Überlieferung verliert sich etwa an der Grenze Präkambrium/Kambrium, d.h. vor etwa 500 Ma. .

Das vor ungefähr 320 Ma entstandene Faltengebirge wird als das Varisci sche Gebirge bezeichnet. Damit war ein ausgedehnter Festlandsbereich entstanden, dessen tiefste Stockwerke heute in den Kristallingebieten der Schweiz (z.B. Aaremassiv), in Frankreich (Massif Central, Vogesen) und über den Schwarzwald bis nach Böhmen hinein aufgeschlossen sind. Im Norden reichte jenes Festland bis in das Vorland des heutigen Rheinischen Schiefergebirges.
Schon bald nach seiner Auffaltung und der damit verbundenen Magmen intrusionen war dieses Gebirgsland so weit der Erosion zum Opfer gefallen, daß zu Ende der Karbonzeit durch Heraushebung und Abtragung die tiefe ren Stockwerke und damit die Granite und Gneise wieder an der Oberflä che freigelegt waren.
Gleichgzeitig war auch die Landschaft im Bereich des Odenwaldes, im Gegensatz zu anderen Gebieten des Variscischen Gebirges, zur Zeit des höheren Karbons bereits weitgehend eingeebnet. Die alte Landoberfläche des kristallinen Grundgebirges ist im Bereich der Büchsenäcker (südöstlich der Bushaltestelle "Köpfel") durch den flächenhaften Abtrag der Erdoberflä che durch Wind und Wasser als Denudationsterrasse wieder erkennbar.
Am Südabhang des Heidenknörzels, an dessen Randbereich sie sich hier be finden, bildet die Oberkante des Kristallins einen der wichtigsten Quellho rizonte, an dem das im Buntsandstein versickernde Niederschlagswasser in Form von Schichtquellen wieder zutage austritt. .

WÄHREND DER EISZEIT HAT DER WIND STAUB UND SAND AUFGEWIRBELT ES ENTSTANDEN LÖß UND SANDDÜNEN

Der Erdanschnitt vor Ihnen wird von hellem Löß bestimmt. Machen Sie sich ruhig einmal die Hände schmutzig und zerreiben Sie den Löß zwischen Ihren Fingern. Sie stellen fest, daß er an Ihren Fin gerkuppen hängen bleibt. Ein Zeichen für den hohen Tonanteil des Bodens. Tonminerale haben Korngrößen von weniger als 0,002mm; so klein, daß sie zwischen die Linien der Handfläche passen. Wenn sie den Löß anfeuchten und kneten spüren Sie seine tonige Konsistenz. Aus diesem Grund befand sich schon vor über 600 Jahren hier eine Ziegelhütte. Betrieben wurde sie damals von Einem namens Haarlaß.

Der hier aufgeschlossene Löß ist ein Sediment des Eiszeitalters und gehört damit zu den jüngsten Sedimenten des Heidelberger Stadtgebietes. Während der gesamten Eiszeiten lag unser Raum im Periglazialbereich. Das bedeutet, daß der Odenwald im Gegensatz zum Süd- und Nordschwarzwald keine Spuren einer Vergletscherung zeigt.
Für unseren Bereich wichtigster Vorgang der pleistozänen Epoche war die Ablagerung ausgedehnter Lößschichten. Löß bedeckt als äolische (durch Wind ausgeblasen) Bildung der hochglazialen Perioden weite Teile des Odenwaldrandes und des Kraichgaus und erreicht in der Umgebung Hei delbergs Mächtigkeiten bis zu zwanzig Metern.
Der hier am Haarlass aufgeschlossene Löß ist allerdings nur noch in einer Mächtigkeit von weniogen Metern erhalten. Grund hierfür ist der bereits ab 1220, im Jahre 1399 auch urkundlich erwähnte Abbau dieses Vorkommens zur Herstellung von Dach- und Mauerziegeln.
Der Löß wurde während der Kaltzeiten aus den nahezu vegetationslosen Schotterflächen des Oberrheingrabens ausgeweht. Normalerweise müßte da her jeder Kaltzeit des Pleistozäns eine Lößgeneration zugehören. Neuere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, daß die Lößvorkommen am Ostrand des Oberrheingrabens fast ausschließlich der jüngsten, der Würm-Eiszeit zuzurechnen sind. Löß aus der älteren Riß -Eiszeit ist nur in geringem Maße vorhanden.
Die jüngeren Löß-Sequenzen sind intern durch mehrere fossile Bodenhori zonte gegliedert. Meist sind es ausgesprochene Naßböden, die eine weitere Unterteilung dieser Lößfolgen ermöglichen. Das bedeutet jedoch, daß die

Akkumulation des Löß nicht als einmaliger Vorgang zu betrachten ist, son dern daß zumindest bei diesem jungen Löß mehrere Generationen unter schieden werden müssen.
Während das feinere Staubmaterial vom Wind verblasen weit vom Entste hungsort abgelagert wurde, wo es dann zu der beschriebenen Lößbildung kam, blieben die etwas gröberen Sandpartikel näher am Liefergebiet zu rück. Auf der Niederterrasse wurden sie südlich des Neckars meist zu Dü nenfeldern aufgeweht, nördlich sind sie dagegen überwiegend in Form von reliefarmen Decksanden flächenhaft verbreitet. In der Nachbarschaft des Neckarschwemmfächers erreichen diese Sande südöstlich von Oftersheim mit über 20 m ihre größte Mächtigkeit.
Von der Genese her müßten somit jeder Lößgeneration auch entsprechende Dünensande zugehören. Die Dünensande korrelieren altersmäßig jedoch nur bedingt mit den Lößablagerungen. Ein großer Teil der Dünensande des nördlichen Oberrheingrabens wurde erst gebildet, als der Rhein die Nieder terrasse verlassen hatte oder wenigstens diese nicht mehr periodisch über flutete. Das dürfte in unserem Raum etwa vor 11 500 Jahren in der sog. "Jüngeren Tundrenzeit" erfolgt sein.
Die Dünen sind damit überwiegend im ausgehenden Spätglazial entstanden. Umlagerungen von Dünensanden lassen sich jedoch stellenweise noch bis an den Beginn der hochmittelalterlichen Rodungsphase um etwa 1100 nach weisen.
Damit sind diese Dünensande eindeutig jünger als der Löß . Es ist aber nicht auszuschließen, daß es auch in dieser spätglazialen Zeit an den Hän gen noch zu einer Lößakkumulation gekommen ist, doch sind diese jüngsten Lößschichten inzwischen weitgehend abgespült und befinden sich als sog. Schwemmlöß entweder unmittelbar am Hangfuß oder in flächenhafter Ver breitung als Deckschichten auf dem Schwemmfächer des Neckars, den die ser seit dem Pliozän am Ausgang des Durchbruchstales in die Oberrheine bene aufschüttete.
Die ursprünglich locker gelagerten Staubmassen sind durch dünne Kalk häutchen fest verbacken, so daß frischer unverwitterter Löß in senkrechten Wänden standfest ist. Durch Belastung, vor allem jedoch durch mechanische Beanspruchung wie wiederholtes Befahren mit schweren Fahrzeugen wird die sehr lockere und poröse Struktur rasch zerstört, und das feine Material durch Niederschläge immer wieder abgespült. Auf diese Weise tiefen sich auch heute noch in mächtigen Lößabfolgen unbefestigte und oft befahrene Wege in den Löß-Untergrund ein und werden zu steilwandigen Hohlwegen, sog. "Hohlen", die ein charakteristisches Erscheinungsbild in den Lößgebie ten am westlichen Rand des Odenwaldes darstellen.

Heidelberg hat zu diesen Lößvorkommen ein sehr enges Verhältnis. Das Gebiet um den Haarlass bildet den sog. "locus typicus" dieses Gesteins. Von jener Stelle wurde im Jahre 1823/24 durch den an der Heidelberger Univer sität zunächst Philosophie und Kameralwissenschaften, später Bergbaukunde, Mineralogie und Geologie lehrenden K.C.v. Leonhard in seinem Buche "Charakteristik der Felsarten" erstmals die äolische Entstehung dieses Sedi mentes beschrieben und mit dem Namen "Loeß" in die wissenschaftliche Literatur eingeführt. In der Folge gingen über das "Heidelberger Minera liencomptoir" entsprechende
Gesteinsproben vom Haarlass in viele mineralogisch-geologische Sammlun gen der Welt. Vor allem durch diesen Handel ist der unzweifelhaft von Heidelberg ausgegangene Gesteinsname international geworden. .

BERGBAU IM MAUSBACHTAL?
UNTERTAGE VERSUCHTE MAN VOR 100 JAHREN DAS KOSTBARE MANGANERZ ABZUBAUEN. WIE DAS MANGAN HIERHER KAM WIRD IM FOLGENDEN KAPITEL ERKLÄRT

Ungefähr 20 m unter Ihren Füßen verläuft der Mausbachstollen, der sich 460 m bis zum Mausbach nach Norden erstreckt. Er erschließt den Zechstein, eine geologische Formation, die Manganerze ent hält. Die auffallende stark gestörte Geländeoberfläche vor Ihnen sind Schutthalden, die in Zusammenhang mit dem Abbau entstan den sind. Auch ein kleiner Fußweg, der bei der Mausbachwiese in diesen Weg mündet, zeugt mit seinem Namen noch von den frühe ren Aktivitäten hier im Wald; er heißt "Bergwerkswegle".

Über dem Kristallin Sockel (Granit und Gneis) des Odenwaldes folgen im Gebiet von Dossenheim-Schriesheim und Peterstal mit Quarzporphyren (aus vulkanischen Ergußgesteinen entstanden) und deren Tuffen (aus vulkani schen Aschen entstanden)zunächst vulkanische Gesteine. In den Bereichen, die von den Vulkaniten nicht erreicht worden sind, herrschte im gesamten Permokarbon (vor 320 Mio. Jahren) festländische Verwitterung, verbunden mit einer weitgehenden Einebnung des Reliefs.
Die Verwitterungsprodukte dieser Gebiete lagern über der von angewitter tem Granit eingenommenen permokarbonischen Landoberfläche, wie dies an dem klassischen Aufschluß am Heidelberger Schloßgraben heute noch zu sehen ist.
Die über dem Kristallin folgenden sedimentären Deckschichten bestehen im Rotliegenden (vor rund 250 Mio. Jahren entstanden) fast ausschließlich aus Material, das unter wüstenähnlichen Bedingungen durch Verwitterung und Transport zerbrochen und zerkleinert wurde. Die Gesteine dieses Zeitab schnittes wurden anfangs zunächst in abflußlosen isolierten Senkungsfeldern, später jedoch meist flächenhaft abgelagert wodurch sie das noch letzte verbliebene Relief des Variscischen Gebirges fast vollständig einebneten. Nun konnte das Meer der Zechsteinzeit (vor 230 Mio. Jahren) von Norden her mit einer breiten Bucht nach Süden vordringen; die Küstenlinie dieses Meeresvorstoßes lag ungefähr auf der Höhe von Karlsruhe. Das Meer hin terließ infolge der hohen Verdunstungsrate und dem geringen Wasserzufluß in Norddeutschland und bis in das Gebiet von Mainfranken hinein mächti ge, auch wirtschaftlich interessante Salzlager.

In seinen südlicheren Bereichen kam es lediglich zur Ablagerung von Car bonatgesteinen, in diesem Falle von Dolomit neben Sand- oder Tonsteinen. Diese Dolomite, die im Heidelberger Raum überliefert sind, hatten eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung. Die noch während der Zechsteinzeit daraus entstandenen Verwitterungsprodukte sind im südlichen Odenwald reich an Mangan, das sich in z.T bauwürdiger Menge anreicherte. Diese Manganerze gewannen gegen Ende des vorigen Jahrhunderts zuneh mend an Bedeutung und wurden verschiedentlich abgebaut, so unter ande rem im Mausbachtal durch die Röchling-Stahlwerke/Völklingen, die zwi schen 1893 und 1896 ein etwa 1 m mächtiges Lager in dem zuletzt 460 m langen Stollen unter Ihnen abbaute.
Der Mangan-Bergbau im südlichen Odenwald war nie wirtschaftlich renta bel und kam bereits nach wenigen Jahren zum Erliegen. Reste hiervon, die Berghalden und auch das Mundloch des Stollens wenige Meter von hier sind noch erhalten. Dessen Schlußstein zeigt noch die alten Bergmanns- Symbole Schlägel und Eisen, die Jahreszahl ist nicht mehr zu erkennen. Der Stollen dient heute als Überwinterungsplatz einer Fledermauskolonie. Zum Schutz der bedrohten Tiere wurde der Eingang vergittert. .

FLEDERMÄUSE - DÄMONEN DER NACHT ?

Entlang des linken Weges sind einige Fledermauskästen an alten Bäumen aufgehängt, die regelmäßig von den "fliegenden Mäusen" besetzt sind.
Fledermäuse gelten selbst in unserer aufgeklärten Zeit noch als Sinnbilder blutrünstiger Ungeheuer. Unsere heimischen Fledermäu se haben damit nichts gemein. Sie sind harmlos, friedliebend und für den Menschen in keiner Weise gefährlich. Indem sie schädliche Nachtinsekten fressen - von Stechmücken über Nachtfalter bis zu Borken- und Maikäfern - sind sie sogar nützlich.

Im Heidelberger Wald wurden vom Forstamt seit 1987 rund 140 spezielle Fledermauskästen aus Holzbeton aufgehängt. Sie unterscheiden sich von Vogelnistkästen dadurch, daß die Einschlupföffnungen unten sind. Die Fle dermäuse fliegen von unten an, kriechen innen hoch und hängen sich oben im Kasten an den Hinterfüßen kopfüber zu ihrem Tagesschlaf auf. Nachts werden sie aktiv und fliegen aus, um Insekten zu jagen. Im Herbst verlas sen sie die Kästen, um in frostsicheren Quartieren, zumeist unterirdisch, die kalte Jahreszeit zu verbringen.
Fledermauskästen werden stets in Gruppen zu 3 bis 6 Kästen an lichten Waldrändern aufgehängt. Die Tiere wechseln gern den Hangplatz. Damit erschweren sie vermutlich ihren Zecken, Milben und Flöhen das Leben, die stets in den Quartieren hausen und dort auch ihre Eier ablegen. Darüberhi naus dienen Platzwechsel dazu, bei allzu heißem Wetter in schattigere Kästen auszuweichen bzw. bei kühlem Wetter etwas mehr an Wärme zu erlangen. Noch sehr kleine Jungtiere können dabei von ihren Müttern im Flug mitgetragen werden.
Die Kästen weren jährlich von Mitarbeitern der Koordinationsstelle für Fle dermausschutz Nordbaden kontrolliert und gereinigt. Fledermäuse sind sehr störungsempfindlich. Deshalb werden die Kontrollen im Herbst durchgeführt, wenn die Jungen ausgewachsen und die meisten Tiere schon abgezogen sind. Dann ist nur noch am zurückgelassenen Kot festzustellen, daß ein Kasten belegt war. Jedes Jahr werden fast die Hälfte der Kästen von "flie genden Mäusen" genutzt. Die jeweils übrigen Kästen bleiben jedoch auch nicht leer: Nachtfaltern, Spinnen und Ohrwürmern dienen sie als Tagesver steck und Eiablageplatz; Wespen, Hornissen und sogar Meisen bauen Nester darin.

Bei den Kontrollen werden zwar vereinzelt Fledermäuse in den Kästen an getroffen, zumeist jedoch wird der charakteristische Kot zur Artenbestim mung herangezogen. So wurde festgestellt, daß die Kästen hier an der Kuh riegelwiese bisher stets von zwei Arten genutzt werden: von Zwergfleder mäusen und einer Bechsteinfledermaus. Letztere hinterließ ihre Kotbällchen Jahr für Jahr im selben Kasten, während die Zwergfledermäuse öfters wech selten und bis zu drei der Kästen im selben Jahr bewohnten. Die Zwergfledermaus ist die häufigste einheimische Art. Sie kommt sowohl in Städten und Dörfern als auch im gesamten Heidelberger Waldgebiet vor. Die Bechsteinfledermaus gilt dagegen in ganz Baden-Württemberg als selten und bedroht. Außer hier am Kuhriegel wurde sie noch im Kümmelbachtal ange troffen.
Weitere Arten, die in den umliegenden Wäldern leben und die Kästen als Wohnraum benutzen, sind der Große Abendsegler, Langohrfledermäuse und Mausohren.
Alle einheimischen Fledermäuse sind gefährdet und deshalb streng ge schützt. Es ist u.a. verboten, sie in ihren Quartieren zu stören und ihre Wohnplätze zu beschädigen oder zu zerstören. Die ärgsten Feinde der heimischen Fledermaus sind die Verringerung und Vergiftung ihres Futters durch Insektenvernichtungsmittel, Störungen im Winterschlaf (weil die Tiere zusätzliche Engergie verbrauchen und vor En de des Winters verhungern) und lange Perioden mit kaltem, nassem Wetter im Juni (weil dann die Jungen zu wenig Muttermilch erhalten und sterben). Wer mehr über Fledermäuse erfahren möchte, findet Lesestoff z.B. in fol genden Büchern:
A. Maywald, B. Pott : Fledermäuse - Leben, Gefährdung, Schutz ; Otto Ma yer Verlag, Ravensburg W. Schober, E. Grimmberger : Die Fledermäuse Europas ; Kosmos Naturfüh rer, Francksche Verlagshandlung, Stuttgart. .

DER NECKAR - LEBENSADER EINER LANDSCHAFT

Betrachtet man von hier aus das idyllische Neckartal, so fällt ei nem die Lebenskrise, in der sich der Fluß befindet kaum auf.

Der Neckar ist der wichtigste Nebenfluß des Rheines in Süddeutschland. Er entwässert nicht nur ein stark industrialisiertes und dicht bevölkertes Ein zugsgebiet von fast 14.000 qkm, sondern er ist u.a.


    - Lebensraum für Tiere und Pflanzen,
    - Erholungsraum für große Bevölkerungsagglomerationen,
    - Verkehrsstraße für zahlreiche Transporte,
    - Anwasserkanal für manche Einleiter,
    - Vorfluter für über 600 Kläranlagen,
    - Stromproduzent in vielen Wasserkraftwerken,
    - Kühlwasserlieferant für verschiedene Industrien
und manches andere mehr. Sein Zustand ist Ausdruck der Verhältnisse in seinem Einzugsgebiet. Er ist damit auch Indikator für den Grad der Ver knüpfung von Ökonomie und Ökologie, d.h. für den Grad einer naturange paßten Wirtschaftsweise im Südwesten Deutschlands.
Der Zustand des Neckars ist damit zugleich von größter Bedeutung für alle Unterlieger. Er ist für viele in erster Linie geprägt durch die chemischen Inhaltsstoffe, wobei in dem letzten Jahren im Hinblick auf die traditionelle Chemie durch den Ausbau der Kläranlagen eine deutliche Besserung einge treten ist.
Andererseits ist er auch heute ein Gesamtausdruck des Einzugsgebietes. Der Stoffhaushalt des Neckars ist geprägt durch die verbreitete landwirtschaftli che Nutzung (Bodenerosion, z.T. Überdüngung) und durch den Ausstoß von Schadstoffen (und Nährstoffen als Phosphate und Nitrate) aus den Ballungs gebieten. Ein zentrales Beispiel für die Belastung des Neckars ist der Schwebstoffhaushalt.

Als staugeregelter Fluß besitzt er heute eine fast reine Schwebstoffdynamik. Dabei sind die Schwebstoffe nicht nur als Sediment in den Stauhaltungen, sondern durch die Anlagerung von Schadstoffen (Schwermetallen, etc.) von erheblicher Problematik.
Sie sind zudem gegenwärtig durch nicht unerhebliche Quantitäten gekenn zeichnet. So sind allein beim Hochwasser im März 1988 rund 300.000t Schweb nach Hochrechnungen des Geographischen Institutes der Universität Heidelberg am unteren Neckar durch den Querschnitt bei Wieblingen trans portiert worden. Es läßt sich derzeit keine Aussage machen, ob die mittle ren oder die extremen Schwebstoffkonzentrationen bzw. ob die mittleren oder extremen Frachten in den letzten Jahren zu- oder abgenommen haben. .

EINE TROCKENMAUER ALS LEBENSRAUM FÜR BEDROHTE TIERE UND PFLANZEN

Die Trockenmauer vor ihren Augen ist ein schützenswerter Biotop für viele Tiere und Pflanzen. Bitte nehmen Sie darauf Rücksicht und stören Sie die hier vorkommende Lebensgemeinschaft nicht. Die Bewahrung der artenreichen Flora und Fauna unserer Heimat ist nur möglich, wenn der Mensch den Pflanzen und Tieren die benötigten Lebensräume bereitstellt und entsprechend pflegt.

An den Hängen des Neckartales und der Bergstraße sind die Trockenmauern typische, vom Menschen geschaffene Landschaftselemente. Die Bezeichnung "Trockenmauer" bezieht sich auf die besondere Konstruktion, denn sie wer den ohne Zuhilfenahme von Mörtel (trocken!) aus mehr oder weniger stark bearbeiteten Natursteinen errichtet. Außer zur Grundstücksabgrenzung die nen sie meist als Stützmauern zur Terrassierung steiler Hanglagen. Bei fach gerechter Konstruktion erreichen die Mauern eine beachtliche Stabilität und sind in ihrer Haltbarkeit und Lebensdauer modernen Konstruktionen und Materialien ebenbürtig.
Die ca. 150 m lange Mauer am Wingertsberg z.B. wurde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts aus behauenen Buntsandsteinen erbaut. Wie es durch den Namen bereits zum Ausdruck kommt, wurde der Bereich ober- und unter halb der Mauer ursprünglich als Weinberg und bis in die dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts als Grünland zur Futtergewinnung durch das Kloster Neuburg genutzt.
Aus ökologischer Sicht stellen Trockenmauern "künstliche Felsbiotope" dar, die spezielle Lebensgemeinschaften beherbergen, wie sie in unserer anson sten eher felsenarmen Landschaft nicht anzutreffen sind. Pflanzen- und Tier arten sind von ihren natürlichen Lebensräumen wie Felswände und Geröll halden als Kulturfolger bis in die unmittelbare Nähe menschlicher Sied lungen vorgedrungen. Wegen der extremen Standortsbedingungen ist die Mauervegetation i.d.R. nicht sehr artenreich. Die Humusauflage ist gering und die hier lebenden Pflanzen müssen oft längere Trockenperioden über stehen können, da das Mauerwerk nur über eine geringe Wasserspeicherka pazität verfügt.

Zu den häufigsten Felsspalten- und Mauerfugengesellschaften zählen die Mauerrautenflur und die Zimbelkrautgesellschaft. Während die Mauerrau tenflur beschattete Standorte bevorzugt, stellt sich die Zimbelkrautgesell schaft eher an warmen und sonnigen Mauern wie hier am Wingertsberg ein. Die namengebende Art dieser Gesellschaft, das Zimbelkraut (Cymbala ria muralis) ist ein Gartenflüchtling und hat seine Heimat in den submedi terranen und mediterranen Gebirgen.
Ebenfalls aus dem Mittelmeergebiet stammen zwei Mauerglaskrautarten (Pa rietaria judaica und Parietaria officinalis), die bevorzugt am Mauerfuß wachsen, und die beide in Baden-Württemberg zu den gefährdeten Pflanze narten zählen.
Besonders die sonnenexponierten Mauern bieten auch einigen mittlerweile seltenen Tierarten einen Lebensraum. Wildbienen und Hummeln nisten ger ne in den Mauerspalten, Mauereidechsen und Schlingnattern sonnen sich auf den warmen Steinen und nutzen die Mauer als Versteck, Kinderstube und Überwinterungsplatz.

Hier am Wingertsberg steht nicht nur die Mauer unter Naturschutz, sondern auch der unterhalb gelegene Bereich bis zum Weg (insgesamt ca. 0,5ha), denn Mauer und Umgebung sind als eine ökologische Einheit zu sehen. Das Gelände wird nach ökologischen Gesichtspunkten gepflegt, da die Tiere, die in der Mauer wohnen, in ihrem unmittelbaren Umfeld zur ungestörten Nah rungssuche nur eine extensive Nutzung (d.h. keine Düngung, keine Spritz mittel, geringe Mahd) vertragen. Außerdem soll durch diese Wirtschaftswei se auf diesem sonnigen und trockenen Hang die Entstehung blütenreicher Aspekte magerkeits- und trockenheitsliebender Pflanzengesellschaften geför dert werden, wie sie früher häufig in Weinbergen anzutreffen waren. Die Bewahrung der artenreichen Flora und Fauna unserer Heimat ist nur mög lich, wenn der Mensch den Pflanzen und Tieren die benötigten Lebensräu me bereitstellt und entsprechend pflegt.